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Rund 1600 Tonnen Material Tag für Tag

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Mächtige Anlagen: Im Inneren ist modernste Computertechnik am Werk, die die wertvollen Quarzsande aufbereitet und nach Kundenwunsch abmischt.
Mächtige Anlagen: Im Inneren ist modernste Computertechnik am Werk, die die wertvollen Quarzsande aufbereitet und nach Kundenwunsch abmischt. © Just

Babenhausen - Unaufhörlich wandert der mächtige Schwimmgreifer 40 Meter tief auf den Grund des Sees. Er wiegt 180 Tonnen, das Baggerschiff um ihn herum, das wie eine Bohrinsel wirkt, nochmal 120 Tonnen. Von Michael Just

Als der Greifer wieder durch die Wasseroberfläche bricht, hält er fünf Kubikmeter Gesteinsbrocken, Kies und Sand in seinen Klauen, die er krachend über einem Rost ablässt. Nach der Zerkleinerung der großen Brocken wird alles auf langen Förderbändern zur Weiterverarbeitung zum Festland verfrachtet. 1600 Tonnen Material am Tag und 300 000 Tonnen im Jahr holt Schumann und Hardt (S&H) aus dem Haselsee, täglich verlassen 60 bis 80 Lkw das Gelände.

Noch rund sieben Jahre kann S&H hier der Kiesförderung nachgehen. Mit dem nahen Ende konzentriert man sich derzeit auf die Rahmenbetriebsplanung zur anvisierten Förderung an der Dudenhöfer Straße.

Der 180 Tonnen schwere Schwimmbagger von Schumann und Hardt sorgt für eine effektive Förderung: Im Jahr holt er die unvorstellbare Menge von 300.000 Tonnen vom Grund des Haselsees.
Kiesabbau Babenhausen © Just

Das ist nicht ohne Widerstand: Die Landwirte wehren sich gegen die Zerstörung ihrer Ackerflächen. Das Planfeststellungsverfahren, das bis Montag dieser Woche lief, nutzte Ortslandwirt Ralf Geißler und legte mit einer Sammelklage Einspruch beim Regierungspräsidium in Darmstadt ein. Für Gerhard Lendemans, Geschäftsführer bei S&H, sind die vorgebrachten Einwände nachvollziehbar, weshalb er zum Dialog bereit ist. Bereits vor ein paar Monaten lud er die Landwirte zu einer Betroffenheitsanalyse ein. „Das Interesse war mit wenigen Rückmeldungen bescheiden“, erzählt er. Mit der Initiative habe man aber zumindest die Grundhaltung von S&H aufgezeigt: „Wir wollen mit offenen Karten spielen.“

Verärgert über Landwirte

Mit dem neuen Fördergebiet an der Dudenhöfer Straße verknüpft S&H unabdingbar seine Zukunft. Prüfungen an anderen Stellen der Stadt hätten laut Lendemans ergeben, dass diese ungeeignet sind: Zum einen qualitativ, zum anderen müsste in die Breite und nicht in die Tiefe gefördert werden. Die Folge wäre ein erhöhter Flächenverbrauch. Da der Kiesabbau ein Geschäft ist, in dem lange vorausgeplant werden muss, geht es für S&H nicht zuletzt um seine Vorinvestitionen. Zahlreiche Anträge und Gutachten haben bereits Geld gekostet. Für ein mittelständisches Unternehmen sind langfristige Zukunftsinvestitionen mit unklarem Ausgang stets risikoreich. Von der Politik gab es deshalb schon vor der Jahrtausendwende Planungssicherheit, in dem das Gebiet im Raumordnungsplan für den Kiesabbau vorgesehen wurde.

Für Lendemans ist es deshalb unverständlich, dass die Landwirte sich erst jetzt rühren. Dazu bemängelt er die aus seiner Sicht unrichtigen Behauptungen, dass S&H das Grundwasser zum Sinken bringe. Experten hätten das wiederlegt und auch die Überwachung durch das Gruppenwasserwerk spreche eine andere Sprache. „Wenn an den Vorwürfen nur halbwegs etwas dran wäre, befänden wir uns am Haselsee längst im Trockenabbau“, sagt er. Die Schaffung des nunmehr sechsten Baggersees in Babenhausen sieht Lendemans nicht als verwerflich. Im Gegenteil: Im Ballungszentrum Rhein-Main sei damit eine Naherholung verbunden. Die großen Pilgerströme im Sommer an den Langener Waldsee oder nach Nieder-Roden stünden - sofern die Seen nach Abbau-Ende entsprechend weiter entwickelt werden - für sich. Ein weiteres Argument liegt für ihn in der strengen Auflage von S&H nach der Erschöpfung für eine Renaturierung zu sorgen. Mit Blick auf das grüne Wasser des Haselsees, seinem dichten Schilfbewuchs am Ufer, der Vogelwelt, zu der auch die geschützen Uferschwalben gehören, ist sich Lendemans sicher, dass der Kiesabbau über den wirtschaftlichen Nutzen von S&H hinausgeht: „Wir schaffen Naturgebiete und hinterlassen meist etwas Schöneres als das, was vorher war.“ Wie sehen Politiker und Landwirte den Kiesabbau? Dazu nächste Woche mehr.

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