1. Startseite
  2. Region
  3. Hanau

Fahrplan-Änderung: Sanierung des Kaufhofs in Hanau soll schrittweise erfolgen

KommentareDrucken

Ist seit Kurzem geschlossen: der Kaufhof am Marktplatz. Die Schlüsselübergabe an die Stadt soll etwas später erfolgen als geplant.
Ist seit Kurzem geschlossen: der Kaufhof am Marktplatz. Die Schlüsselübergabe an die Stadt soll etwas später erfolgen als geplant. © PATRICK SCHEIBER

Eigentlich sollten an diesem Donnerstag die Schlüssel an die Stadt übergeben werden. Eigentlich. Der Stadt gehört dann die wohl prominenteste Immobilie in Hanau: der Kaufhof am Marktplatz. Das Warenhaus schloss dieser Tage nach 67 Jahren am Standort unwiderruflich seine Pforten. Wegen der jüngsten Insolvenz in der Unternehmensgruppe des umstrittenen Investors René Benko verzögert sich die Schlüsselübergabe aber ein wenig. Zum 1. März sollen die Schlüssel jetzt an die Stadt gehen, erklärte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) auf Anfrage.

Hanau - Nach Informationen unserer Zeitung gibt es aus anderen Gründen außerdem Änderungen beim weiteren Ablauf nach dem Kaufhof-Kauf. Mit dem Erwerb der Immobilie hatte die Brüder-Grimm-Stadt weithin für Schlagzeilen gesorgt. Die runderneuerte Planung sei „durchaus von Vorteil“, sagt Stadtentwickler Martin Bieberle. Denn: Das Riesen-Gebäude muss für die große Sanierung nie komplett dichtgemacht werden. Die Arbeiten könnten Stockwerk für Stockwerk erfolgen, heißt es, das hätten jüngste Untersuchungen ergeben. Seit Wochen wird an baulichen und baurechtlichen Themen gearbeitet. Lüftung, Öltank, Sprinkleranlage, Fahrstühle: „Unsere Bauaufsicht und das Technikteam haben alle Hände voll zu tun“, so Bieberle.

Ursprünglich war geplant, dass es nach der Gebäude-Übergabe eine bis 2026 dauernde Zwischennutzung gibt, dann eine fast zweijährige Schließung wegen der auf 39 Millionen Euro veranschlagten Sanierung. Die komplette Schließung ist nun aber vom Tisch.

Wie geht es in den nächsten Wochen und Monaten weiter? Direkt ab März sollen Schaufenster und Fassade „inszeniert werden“, formuliert Stadtentwickler Bieberle. Er wünscht sich ein „kleines Strahlen“, das vom Gebäude ausgehen soll. Intern soll es bereits Entwürfe für eine temporäre Fassadengestaltung geben. „Farbe und Licht“ sind die Stichworte.

Es gehe darum, „Neugierde zu wecken“, sagt Bieberle. Man wolle zeigen, dass sich in dem Gebäude bald etwas tun wird. Spätestens im Oktober soll das Erdgeschoss eröffnet werden und es dort eine Zwischennutzung geben, während man alsbald parallel dazu das erste Obergeschoss sanieren will.

Dieses Nebeneinander sei nach neueren Erkenntnissen möglich, weil die Etagen technisch weitgehend unabhängig voneinander betrieben werden können. „So ist das Haus immer offen“, sagt Rathauschef Kaminsky.

Im Obergeschoss soll nach der Sanierung dieser Etage unter anderem ein MINT-Zentrum der Kathinka-Platzhoff-Stiftung als Mieter einziehen (wir berichteten). Die Einrichtung soll auf moderne Weise Themen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) vermitteln. Auf der Etage will man zudem „weitere Bildungsthemen platzieren“, kündigt Bieberle an.

Für eine attraktive Gestaltung der Fassade sowie die Konzeption des Erdgeschosses hat die Stadt die Firma „satis&fy“ aus Karben gewonnen. Das Veranstaltungs- und Eventtechnik-Unternehmen hat schon diverse Innenstadt-Projekte betreut, unter anderem im früheren Karstadt-Sport-Gebäude in Frankfurt.

Nach bisherigen Planungen könnte im Erdgeschoss im Mittelpunkt eine sogenannte Agora stehen. So bezeichnete man im antiken Griechenland zentrale Plätze. Um diesen Kristallisationspunkt sollen sich verschiedene Elemente gruppieren, voraussichtlich mit wechselnder Nutzung und Gestaltung. Manufakturen, kreativer Handel, Konzeptläden, aber auch Gastronomie werden als Stichworte genannt. Man wolle vieles ausprobieren, sagt Bieberle.

Warum ist der Hanauer Kaufhof teurer als der in Offenbach?

Die Stadt Hanau hat das Kaufhof-Gebäude für 25 Millionen Euro gekauft. Für den Erwerb hatte das Stadtparlament einen Nachtragshaushalt für 2023 beschlossen. Der wurde nun vom Regierungspäsidium genehmigt, teilte OB Claus Kaminsky am Montagabend den Stadtverordneten mit.

Auch die Stadt Offenbach möchte die dortige Kaufhof-Immobilie erwerben – für 13 Millionen Euro. Ein Umbau soll weitere 22 Millionen Euro kosten (wir berichteten). Das ist deutlich weniger als Hanau bezahlt. Die Differenz resultiere zum einen aus der unterschiedlichen Größe der Häuser, so Hanaus Stadtentwickler Martin Bieberle. Der Kaufhof in Hanau ist eineinhalbmal so groß wie der in der Lederstadt. Zum anderen sei die Lage anders zu bewerten und die Immobilie in Hanau außerdem multifunktional nutzbar. Die Stadt Hanau habe das aus dem Jahr 1957 stammende Gebäude am Marktplatz sogar noch etwas unter dem Buchwert erwerben können. In den ehemaligen Kaufhof in Offenbach soll die Stadtbibliothek einziehen. bac/cs.

Die Zwischennutzung könnte auch länger dauern, als bisher ins Auge gefasst. Jedenfalls will man das Erdgeschoss sanieren, wenn die erste Etage fertig ist.

Um Ideen für die Zwischennutzung zu sammeln, waren Bieberle und sein Team zuletzt „auf Tour“, wie der Stadtentwickler sagt. In Solingen, Hamburg, Mainz, Fulda, Oldenburg und Kassel habe man sich umgeschaut und umfunktionierte Warenhäuser oder Markthallen mit vielfältigen Nutzungen in Augenschein genommen: Ideen gab es en masse, aber auch die Erkenntnis, „dass wir bei dem Thema über Qualität nachdenken wollen und müssen.“ Für potenzielle Zwischennutzungen im Kaufhof-Erdgeschoss sind offenbar jede Menge Interessensbekundungen eingegangen, darunter laut Bieberle „etwa 50 seriöse Anfragen“. Im April, wenn ein Beirat, dem Vertreter von Fraktionen, Magistrat, dem Ortsbeirat Innenstadt, von Sparkasse und städtischer Holding angehören sowie Architekten und Planer, das nächste Mal tagt, wollen Martin Bieberle und sein Team erste konkrete Nutzungen fürs Erdgeschoss vorstellen.

Parallel arbeite man an Ideen für das Untergeschoss, Von einem Pop-up-Club bis zum Supermarkt sei vieles denkbar, heißt es. Und für die zweite Etage des Gebäudes steht laut Kaminsky und Bieberle das Thema Gesundheit mit Arztpraxen und möglicherweise dem künftigen Gesundheitsamt weit oben auf der Agenda.

Die Stadt hat nicht nur das Kaufhof-Gebäude erworben. Sie will auch die Nutzung in Eigenregie organisieren. Als Betreiber „neuen Kaufhofs“ tritt die städtische Baupro Hanau GmbH auf.

Die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Kaufhof-Komplexes, die nun in Abschnitten erfolgen soll, ist mit kalkulierten 39 Millionen Euro der teuerste Teil des Gesamtvorhabens. Der Kaufpreis liegt bei 25 Millionen, zwei Millionen kommen an Nebenkosten hinzu.

Am Montagabend hat die Stadtverordnetenversammlung einstimmig die Ausschreibung eines Generalplanervertrags beschlossen. Die Rahmenvereinbarung soll alle Architekten- und Fachplaner-Leistungen beinhalten und hat ein Kostenvolumen von 6,4 Millionen – „als Obergrenze“, wie Oberbürgermeister Kaminsky betonte.

(Von Yvonne Backhaus-Arnold Und Christian Spindler)

Auch interessant

Kommentare