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„Aus tiefer Liebe zu meiner Frau“: Langenselbolder erhält Bundesverdienstorden

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Günther Friedrichs Familie teilt ein schweres Schicksal. Nach dem Herzinfarkt seiner Frau übernimmt er selbst, zusammen mit seinen Töchtern, ihre Pflege - und die seiner Mutter.

Langenselbold – „Ich werde oft gefragt, woher ich die Kraft und Motivation für meine pflegerische Tätigkeit nehme“, sagt Günther Friedrich aus Langenselbold. „Es ist der Wunsch, aus Zuneigung und tiefer Liebe zu meiner Frau, ihr ein lebenswertes Umfeld und die Lebensqualität zu erhalten, die wir beide gelebt haben.“ Der Langenselbolder nahm gestern die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aus den Händen von Landrat Thorsten Stolz entgegen.

Schwerer Schicksalsschlag in Langenselbold: Friedrichs Frau hat Lächeln trotzdem nicht verlernt

Am 22. September 2006 sei der Super-GAU eingetreten, wie Friedrich schildert. Er befand sich gerade auf der A66, als er einen Anruf von seiner Tochter erhielt: „Papa, die Mama stirbt.“ Nein, das kann nicht sein, habe er gedacht. Seitdem hat der heute 75-Jährige alles Erdenkliche in die Wege geleitet, seiner Frau nach einem schweren Herzinfarkt das Leben noch so angenehm wie möglich zu gestalten. „Meine Frau hat trotz ihres Handicaps jeden Tag ein Lächeln für mich übrig. Deswegen widme ich ihr die Hälfte meiner Medaille und werde sie ihr heute Abend zeigen und umhängen“, sagte er in seiner Dankesrede.

Nach ihrem Herzinfarkt im September 2006 musste Ingeborg Friedrich reanimiert werden. Resultierend aus der Durchblutungsstörung des Gehirns kam es zu irreparablen, schwersten hypoxischen Hirnschädigungen. Ihr Gesundheitszustand hat sich mit den Jahren stetig verschlechtert, sodass ihr der Pflegegrad 5 und ein Grad der Behinderung von 100 Prozent anerkannt wurden.

Inmitten seiner Familie und in Begleitung von Weggefährten hat Günther Friedrich (6.v.l.) aus Langenselbold den Bundesverdienstorden von Landrat Thorsten Stolz (4.v.l.) in Empfang genommen.
Inmitten seiner Familie und in Begleitung von Weggefährten hat Günther Friedrich (Sechster von links) aus Langenselbold von Landrat Thorsten Stolz (Vierter von links) den Bundesverdienstorden in Empfang genommen. © Claudia Raab

Einsatz für seine Frau ist ein 24-Stunden-Pflegedienst für den Langenselbolder

24 Stunden, rund um die Uhr, benötigt Ingeborg Friedrich Hilfe bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens. Die Wohnsituation wurde entsprechend behindertengerecht angepasst. Die Kosten dafür bestritt Günther Friedrich aus eigenen Mitteln.

„Glücklicherweise befand ich mich damals kurz vor der Altersteilzeit“, beantwortete der Diplom-Ingenieur die Frage, wie er die intensive häusliche Pflege mit der Berufstätigkeit habe vereinbaren können. Die erste Zeit habe er jedoch einen 24-Stunden-Pflegedienst engagieren müssen. Heute schaue ein ambulanter Pflegedienst zweimal täglich nach seiner Frau, und wenn dieser Hilfe brauche, stünden auch seine beiden Töchter zur Verfügung.

Bis Mitte November letzten Jahres pflegte Günther Friedrich nicht nur seine Frau, sondern betreute zusätzlich noch seine 94-jährige Mutter, die mit Pflegegrad 3 eine palliative Versorgung bekam.

Als Doris Weinlich vom VdK Langenselbold davon erfuhr, dachte sie: „Dieser Mann hat einen Orden verdient.“ Sie beantragte für ihn die Pflegemedaille des Landes Hessen, die ihm 2019 überreicht wurde. Jetzt wurde ihm für 17 Jahre Pflege mit großem persönlichem Einsatz und unter Zurückstellung eigener Interessen der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. In Vertretung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Landrat Stolz Friedrichs langen und selbstlosen Einsatz. Es sei das erste Mal, dass er eine Verdienstmedaille für pflegende Tätigkeit verleihen dürfe und ihm eine große Ehre, so Stolz. Etwa vier Millionen Pflegebedürftige genössen in Deutschland häusliche Pflege durch ihre Angehörigen.

Stolz auf Günther Friedrich: Große Anerkennung der Stadt Langenselbold

„Man kann Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, nicht genug danken. Was Sie hier leisten, kann man nicht ansatzweise mit ehrenamtlichem Engagement vergleichen. Hier geht es um Pflege rund um die Uhr. Sie erhalten diese Ehrung in Anerkennung und Würdigung Ihrer Pflege Ihrer Ehefrau stellvertretend für viele Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, um deren Arbeit in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken“, machte der Landrat deutlich. In Vertretung von Bürgermeister Timo Greuel gratulierte Stadtrat Roland Sahler im Namen des Magistrats der Stadt Langenselbold. „Wir sind sehr stolz darauf, Sie in unserer Mitte zu haben“, wandte er sich an den Geehrten.

Mit Freude und Genugtuung nahm Günther Friedrich die Auszeichnung entgegen. „Sie haben die Situation, in der ich mich seit 17 Jahren befinde, in Ihrer Rede auf den Punkt getroffen“, dankte er Stolz. Nach Begrüßung seiner Familie und Weggefährten, die der Feierstunde beiwohnten, dankte er allen, die ihn bei seiner Pflege unterstützen. Zu seinen Töchtern sagte er, sie sollten niemals vergessen, dass sie das Beste seien, das ihre Mama ihm geschenkt hätte. (Claudia Raab)

Vom Land Hessen wurde Paul-Ulrich Lenhard aus Schöneck geehrt. Er spendete 150 Mal sein Blut.

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