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Gabriel geht geschäftsführend auf Reisen

Außenminister besucht Myanmar und Bangladesch – Diplomatische Verwerfungen mit Saudi-Arabien – Weitere Reisen geplant

Cox’s Basar – Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) gewinnt schon vom Hubschrauber aus einen guten Eindruck vom Ausmaß der Flüchtlingskrise, die sich zwischen Myanmar und Bangladesch abspielt. Über Kilometer ziehen sich Barackensiedlungen über die grünen Hügel der Gegend, die Cox’s Basar genannt wird.

Früher war hier mal Wald. Einer der längsten Sandstrände der Welt ist nicht weit. Jetzt spielt sich hier die „am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise“ weltweit ab, wie das Flüchtlingshilfswerk UNHCR es ausdrückt. In weniger als drei Monaten sind 620 000 Angehörige der muslimischen Rohingiya-Minderheit aus dem überwiegend buddhistischen Myanmar vor Gewalt und Verfolgung nach Bangladesch geflüchtet. „Immer noch kommen Flüchtlinge hierher“, sagt Louise Aubin vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR. „Die Antwort darauf muss unmittelbar kommen und sie muss nachhaltig sein.“

Gabriel ist zusammen mit seinen Kollegen aus Schweden, Japan und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini nach Kutupalong gekommen, um möglichst große öffentliche Aufmerksamkeit für die Krise zu schaffen, die viel weiter weg von Europa ist als Syrien oder auch Afghanistan. Am Montag sind sie alle zusammen in Myanmar bei einem Außenministertreffen 51 europäischer und asiatischer Staaten. Auch dort wird die Flüchtlingskrise ein Thema sein.

In Bangladesch merkt man Gabriel nicht an, dass er nur noch geschäftsführend Außenminister ist. Wie lange dieser Schwebezustand anhält, weiß niemand so genau. Aber mehr als ein paar Wochen werden es wahrscheinlich nicht mehr sein. Aus denen will Gabriel jetzt noch so viel wie möglich herausholen – vielleicht auch, weil er noch nicht so genau weiß, was danach kommt.

Nach der Bundestagswahl war er für zwei Wochen abgetaucht, um das zu verkraften, was er den schlimmsten Misserfolg seiner Karriere nennt: das schlechteste SPD-Ergebnis der Nachkriegszeit. Dann kam er langsam zurück, äußerte sich wieder öffentlich zu aktuellen Themen, gab Interviews und begann nach Reisezielen zu suchen. Allein in der vergangenen Woche war er nacheinander in Brüssel, Rom und Minsk, bevor er nach Bangladesch und Myanmar aufbrach.

Es sind Reisen, die man auch als geschäftsführender Außenminister noch problemlos machen kann. Die Teilnahme an internationalen Konferenzen ist sogar Pflicht. Deutschland muss vertreten sein. Humanitäre Hilfe wie in Bangladesch ist wichtig und unverfänglich. Auch dagegen kann niemand von denen etwas haben, die gerade in Berlin über die Außenpolitik einer möglichen Jamaika-Koalition verhandeln.

Als Geschäftsführer im Auswärtigen Amt muss man aber auch darauf achten, dass man an sensiblen Stellen nicht zu weit geht. Und vor allem sollte man diplomatische Verwerfungen vermeiden. Gabriels ganz offensichtlich an Saudi-Arabien gerichteter Vorwurf des außenpolitischen „Abenteurertums“ in der Libanon-Krise hat zu einer solchen Verwerfung geführt. Am Samstag zog das Königshaus in Riad seinen Botschafter vorübergehend aus Berlin ab – eine Form des Protests, die nur bei ganz erheblicher Verärgerung gewählt wird. Im Auswärtigen Amt hofft man jetzt, dass schnell Gras über die Sache wächst und der Botschafter schon in wenigen Tagen wieder nach Berlin zurückkehrt.

Dass der Eklat Gabriel zu mehr Zurückhaltung auf den letzten Metern animieren wird, darf allerdings bezweifelt werden. Zum Muster-Diplomaten ist er auch in zehn Monaten als Außenminister nicht geworden. Wie viel Gabriel noch unterwegs sein wird, ist auch unklar. Zumindest eine Reise ist fest gebucht. Ende November geht es zu einem EU-Afrika-Gipfel in der Elfenbeinküste. Michael Fischer

Dienstag, 30. April 2024
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