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Wie Fachkräfte Vorgesetzte erleben und was sie erwarten

Vorgesetzter lobt Mitarbeiter im Büro
Wertschätzung und ein motivierender Chef sind Fachkräften sehr wichtig.
Foto: © Vittaya_25/StockAdobe

Drei Viertel der Fachkräfte mit Berufsausbildung hätten am liebsten einen Vorgesetzten, der wie sie eine duale Berufsausbildung absolviert hat, aber als Führungskraft top ist und mitarbeiterorientiert führen kann. Sie wünschen sich einen Chef mit klassischer Durchsetzungskraft, der aber auch über Selbstreflexion und Empathie verfügt. Das ist ein Ergebnis der Studie „Fachkräfte und Führung“ im Auftrag von meinestadt.de. Dafür wurden 2085 Fachkräfte mit Berufsausbildung im Alter von 25 bis 65 Jahren befragt.

Führungserlebnisse – von Wertschätzung bis Mobbing

Für den ersten Teil der Studie wurde untersucht, welche Erfahrungen die Teilnehmer zum Thema Führung gemacht haben. Positiv erscheint auf den ersten Blick, dass die Fachkräfte ihren Chefs im branchenübergreifenden Durchschnitt die Schulnote 2,67 geben. Gut jeder zweite Befragte bewertet seinen aktuellen Vorgesetzten mit „gut“ oder „sehr gut“, doch immerhin jeder Fünfte vergibt die Noten „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Am besten schneiden Führungskräfte im Handwerk und in kleineren Unternehmen ab. Weil Schulnoten allein aber nicht alles aussagen, konnten die Fachkräfte auch über konkrete positive und negative Führungserlebnisse berichten. Die Aussagen zu guter Führung beziehen sich besonders oft auf Wertschätzung oder Anerkennung der geleisteten Arbeit oder der Person durch den Chef. Bei den geschilderten negativen Begebenheiten geht es unter anderem um inkompetente oder cholerische Vorgesetzte, die Mitarbeiter anschreien, bloßstellen oder mobben. Fast ein Drittel der befragten Fachkräfte (30,2 Prozent) hat sogar schon einmal wegen eines Vorgesetzten den Job gekündigt.

Lücke zwischen Wunsch und Realität vor allem bezüglich der Kritikfähigkeit der Chefs

Im zweiten Teil der Studie geht es um eine Gegenüberstellung der Wünsche und Erfahrungen der Fachkräfte mit ihren Vorgesetzten. Hinsichtlich der Anforderungen zeigt sich, dass den Befragten von 14 vorgegebenen Eigenschaften die fachliche Kompetenz am wichtigsten ist; 87,2 Prozent gaben dies an, dicht gefolgt von der Wertschätzung der Führungskraft gegenüber dem Mitarbeiter und seiner Arbeit sowie Vertrauen und Rückhalt. Allerdings sind Wunsch und Realität bei einigen Faktoren weit voneinander entfernt. So wünschen sich 83 Prozent der Fachkräfte einen Vorgesetzten, der für Kritik offen ist, doch in der Praxis erleben dies nur 53,7 Prozent. Für rund drei Viertel der Befragten (77,7 Prozent) ist es wichtig, dass der Vorgesetzte für gute Stimmung im Team sorgt, während lediglich 43,8 Prozent dieses Verhalten von ihrem Chef kennen. Auch hätten gut zwei Drittel der Studienteilnehmer (68,9 Prozent) gern eine Führungskraft, die die Mitarbeiter motiviert, doch nur bei etwas mehr als einem Drittel (37,7 Prozent) trifft dies im Arbeitsalltag zu. Weiterhin bestehen laut Studie große Diskrepanzen bei den Aspekten Mitarbeiterentwicklung, Wertschätzung und Vertrauen, aber es hakt auch hinsichtlich der klaren Kommunikation von Erwartungen und der Steuerung der Arbeitsbelastung.

Optimierungspotenziale für gute Führung

In Anlehnung an die Ergebnisse unterscheidet die Studie zwischen Hygienefaktoren und Faktoren mit Potenzial. Hygienefaktoren seien notwendige Bedingung in der Führungspraxis, etwa fachliche Kompetenz und Wertschätzung. Sie seien drei Viertel der Fachkräfte wichtig und würden auch von den meisten Fachkräften erlebt. Als Faktoren mit Potenzial identifiziert die Studie jene Aspekte, die von den Fachkräften als wichtig eingestuft, doch nur von weniger als der Hälfte der Vorgesetzten umgesetzt werden. Dazu gehören die Führungskraft als Motivator sowie Entwickler ihrer Mitarbeiter, aber auch der Faktor Ressourcensteuerung, also eine Führungskraft, die weiß, was ihre Mitarbeiter leisten und was sie ihnen zumuten kann. Wenn Arbeitgeber dieses Potenzial ausschöpfen, ihre Führungskultur hier also optimieren und an den Erwartungen ihrer Fachkräfte ausrichten, machen sie sich von anderen Unternehmen im Wettbewerb um die besten Fachkräfte unterscheidbar, so die Studie.

Das Whitepaper zum ersten und zweiten Teil der Studie kann zum > Download angefordert werden.

Bilderstrecke: 

Wie erleben Fachkräfte „Führung“? Das war eine Leitfrage der „Fachkräfte und Führung“ Befragung, die von der Online-Jobbörse meine.stadt initiiert wurde und an der 2085 Arbeitnehmer teilnahmen. Wir haben die Kernergebnisse für Sie in dieser Bilderstrecke zusammengefasst:

Grafik: meine.stadt

Gemessen an den Schulnoten von eins bis sechs bewerten über
54 Prozent der befragten (nicht akademischen) Fachkräfte ihren Vorgesetzten mit
„gut“ oder „sehr gut“. Immerhin 25,6 Prozent geben dem Chef die Note
„befriedigend“. Problematisch wird es bei den 20,1 Prozent der Fachkräfte, die den
Vorgesetzten mit „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewerten, denn
bei ihnen kann es sein, dass die Führungskraft Grund für einen
Arbeitgeberwechsel ist.

Grafik: meine.stadt

Insgesamt schneiden Führungskräfte im Handwerk mit einer Durchschnittsnote von 2,43 am
besten ab, Führungskräfte in der Logistik mit der Note 2,77 am schlechtesten.

Grafik: meine.stadt

Die meisten Fachkräfte (76,6 Prozent) wünschen sich, dass ihr Chef für „gute
Stimmung“ bei der Arbeit sorgt. Tatsächlich sind aber nur 43,3 Prozent der
Vorgesetzten Stimmungsmacher.

Grafik: meine.stadt

Eine große Diskrepanz gibt es auch beim Sprechen über Erwartungen und Ziele: 76, 5
Prozent der Befragten wünschen sich einen offenen Austausch, der allerdings mit
nur 49, 9 Prozent der Führungskräfte stattfindet.

Grafik: meine.stadt

Die Grafik verdeutlicht, welche Faktoren ausgeprägt sein sollten, damit
Arbeitnehmer an den Betrieb gebunden werden. Dabei wird zwischen Hygiene- und
Potenzialfaktoren differenziert. Den Nachholbedarf der Führungskräfte sehen die Fachkräfte vor allem bei den Potenzialfaktoren.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.

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