Adexa wirft Spahn Unglaubwürdigkeit vor |
Cornelia Dölger |
20.11.2020 11:15 Uhr |
Mit dem im Oktober beschlossenen Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) hat die Politik auf das folgenreiche Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2016 reagiert, in dem die Rx-Preisbindung für ausländische Versender gekippt wurde. Das Gesetz soll unter anderem für Gleichpreisigkeit im Arzneimittelmarkt sorgen, was die Apotheker grundsätzlich begrüßen. Allerdings gilt diese Regelung nicht für die PKV sowie für Selbstzahler.
Dies stößt bei vielen Apothekern auf Unverständnis, auch die Apothekengewerkschaft Adexa zeigt sich skeptisch. Mit dem VOASG sei die »Unwucht« bei den ungleichen Wettbewerbsbedingungen von Apotheken und Versendern verringert, aber keineswegs aufgehoben worden, schreiben die Gewerkschafter. Zudem regele das Gesetz nicht, wie die darin festgeschriebenen strengeren Qualitätsmaßstäbe für die Versender kontrolliert werden sollen, etwa die Temperaturkontrollen. So werde der Verbraucherschutz nicht verbessert.
Mit der Einführung des E-Rezeptes drohe zudem die sinnvolle Trennung von Verordnung und Rezeptbelieferung aufzuweichen, heißt es weiter. Wirtschaftliche Interessen gefährdeten die freie Wahl der Apotheke und der »Einfluss der ausländischen Versender wird noch weiter gestärkt«. Wenn die wirtschaftliche Lage von unabhängigen Vor-Ort-Apotheken geschwächt werde, gerieten damit heimische Arbeits- und Ausbildungsplätze in Gefahr, befürchten die Gewerkschafter und wenden sich direkt an den Minister: »Sorgen Sie bitte dafür, dass die Arzneimittelversorgung nicht von ausländischen Großkonzernen abhängig wird, sondern weiter in der Hand von den heimischen Apothekenteams liegt, die hier ihre Steuern zahlen.«
Insbesondere die jüngsten Entwicklungen beim Ausbau der Telematikinfrastruktur in Deutschland stoßen bei Adexa auf Kritik. Vor wenigen Tagen hatte die Gematik der IBM Deutschland den Auftrag erteilt, den E-Rezept-Fachdienst zu entwickeln und zu betreiben. Die Zur-Rose-Tochter E-Health-Tec wirkt an diesem Auftrag als Nachunternehmer mit. »Wenn bei der Telematik-Struktur des E-Rezeptes eine Tochter des Schweizer DocMorris-Mutterkonzerns Zur Rose Group den zentralen E-Rezept-Dienst mit ausgestaltet, sind aus unserer Sicht massive Interessenskonflikte vorprogrammiert«, warnen die Gewerkschafter. Vor dem Hintergrund dieser politischen Entscheidungen, die den Apotheken letztlich schaden könnten, erscheine es »kaum glaubwürdig«, wenn Minister Spahn die Leistungen der Präsenzapotheken gerade in Pandemiezeiten hervorhebe.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.