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125 Jahre Röntgen

Der strahlende Durchblick

Am 8. November 1895 entdeckte der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen eine bis dahin unbekannte Art von Strahlung, Sie trägt seither seinen Namen und hat die Medizin revolutioniert.
Hannelore Gießen
07.11.2020  08:00 Uhr

Röntgen gilt als der Entdecker der Röntgenstrahlung, obwohl schon andere Physiker vor ihm Röntgenstrahlung erzeugt hatten, ohne sich aber offenbar über die Bedeutung ihrer Entdeckung im Klaren gewesen zu sein.

Die immensen Anwendungsmöglichkeiten ahnte erst Wilhelm Conrad Röntgen, der auf die »neuen« Strahlen bei seinen Forschungen zu elektrischen Entladungen in verdünnten Gasen gestoßen war.

Berühmt wurde Röntgens Aufnahme der linken Hand seiner Frau Bertha, die der Physiker im Dezember 1895 gemacht hatte. Seine Entdeckung stellte er der physikalisch-medizinischen Gesellschaft am 23. Januar des folgenden Jahres in einer Sondersitzung vor.

Röntgen selbst bezeichnete die von ihm entdeckten Strahlen als X-Strahlung, ein Begriff, der sich im angloamerikanischen Sprachraum als X-Rays durchsetzte. 1901 wurde Röntgen mit dem ersten Nobelpreis für Physik geehrt, wobei das Nobelkomitee die enorme Bedeutung seiner Entdeckung für die Gesundheit der Menschen hervorhob.

Von einem Blick in den Körper, ohne das Skalpell anzusetzen, hatten Wissenschaftler schon lange geträumt: Bereits drei Jahre vor der Entdeckung der Röntgenstrahlen hatte der Arzt Ludwig Hopf unter dem Pseudonym »Philander« ein medizinisches Märchen verfasst, in dem ein junger Landarzt nach einer Möglichkeit suchte, in den menschlichen Körper ohne einen invasiven Eingriff zu blicken. Sein Wunsch: »Ach, wenn es doch ein Mittel gäbe, den Menschen durchsichtig zu machen wie eine Qualle!«

Durchleuchten war der Anfang

Die Medizin wurde durch die neuen Strahlen revolutioniert. Was lange unmöglich erschien, wurde nun Wirklichkeit: die Anatomie und die Funktion lebender Organe sichtbar zu machen und zu erforschen.

Zunächst gelang es den Ärzten, im Bild knöcherne Strukturen darzustellen und Knochenbrüche, Fremdkörper und Veränderungen des Skeletts zu erkennen. Die Diagnose internistischer Erkrankungen war dagegen weiterhin nicht möglich.

Spezielle Strahlenfilter, Bildverstärker und Kontrastmittel verbesserten die Anwendung von Röntgenstrahlen in den folgenden Jahren enorm, sodass nun auch Lunge, Herz und Nieren auf dem Röntgenbild zu erkennen waren. Einen weiteren Durchbruch brachte die sogenannte gepulste Technik, bei der die Strahlen mit einer Pulslänge von einigen Millisekunden kurz nacheinander emittiert werden. Beim klassischen Durchleuchten strahlt die Röntgenröhre dagegen mit einer konstanten Dosis.

Heute werden kaum noch klassische Röntgenfilme oder Platten eingesetzt, sondern die Bilder oft digital erzeugt. Dabei genügt eine gegenüber der konventionellen Röntgentechnik deutlich verminderte Strahlung, und die Bilder können nachträglich bearbeitet werden.

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