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Orales Langzeit-Kontrazeptivum

Forscher tüfteln an der Monatspille

Langzeit-Kontrazeptiva gibt es bereits einige, aber bisher keines, das man schlucken kann. Das könnte sich in absehbarer Zeit ändern: Wissenschaftler des US-Forschungsinstituts Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben den Prototyp einer Antibabypille entwickelt, die nur einmal im Monat geschluckt werden muss.
Annette Mende
05.12.2019  17:00 Uhr

Die Monatspille ist eigentlich gar keine Pille, sondern eine Hartgelatinekapsel, in der sich ein zusammengefaltetes Gebilde aus Kunststoffpolymeren befindet, das sich nach Aulösen der Kapsel im Magen zu einem sechsarmigen Stern entfaltet. Die Arme enthalten das Gestagen Levonorgestrel, das aus einer Polymer-Matrix langsam freigesetzt wird. Da der Stern im auseinandergefalteten Zustand zu groß ist, um den Magen wieder zu verlassen, verbleibt er dort, bis sich das Verbindungsstück in der Mitte auflöst und die einzelnen Arme dann über den Verdauungstrakt ausgeschieden werden.

In ersten Versuchen mit Schweinen, über die die Gruppe um Dr. Ameya Kirtane und Tiffany Hua vom MIT aktuell im Fachjournal »Science Translational Medicine« berichtet, ließ sich mit dem System über bis zu 29 Tage ein Levonorgestrel-Spiegel im Blut erzielen. Bei Menschen könnte die Wirkung sogar womöglich noch länger anhalten, weil sie das Gestagen offenbar langsamer abbauen als Schweine: Nach oraler Gabe von schnell freisetzenden Levonorgestrel-Pillen maßen die Forscher bei Schweinen deutlich niedrigere Blutspiegel des Hormons als bei Menschen.

Das sternförmige Trägersystem wurde am MIT entwickelt und, mit Wirkstoffen zur Malaria-, Tuberkulose und HIV-Therapie beladen, bereits in anderen Indikationen getestet. Marktreif ist es jedoch noch nicht. Wie das MIT mitteilt, erhielt die Firma Lyndra Therapeutics, ein Spin-Off des MIT, von der Bill & Melinda Gates Stiftung 13 Millionen Dollar (11,8 Millionen Euro), um die Monatspille so weit zu entwickeln, dass sie an Menschen getestet werden kann. Dazu muss zunächst ein Weg gefunden werden, wie das Verbindungsstück des Arzneistoffträgers nach drei bis vier Wochen im Magen gezielt aufgelöst werden kann. Derzeit werde getestet, ob das über pH-Wert- oder Temperaturänderungen oder den Zusatz von Chemikalien erfolgen kann, so das MIT.

Ein orales Langzeit-Kontrazeptivum könnte aus Sicht der Autoren die Familienplanung vieler Frauen erleichtern. Trotz verfügbarer lang wirksamer Alternativen wie Implantaten und Spiralen bevorzugten viele Frauen die orale Einnahme. Hier sei jedoch die Adhärenz ein Problem: Innerhalb eines Dreimonats-Zeitraums vergäßen 40 bis 50 Prozent der Anwenderinnen mindestens eine Pille. Deshalb komme es unter der Antibabypille pro Jahr bei 9 Prozent der Frauen zu einer ungewollten Schwangerschaft.

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