„Ambitionen eines Musterschülers“
Luxemburg steht nun vor der Aufgabe, gangbare Wege hin zu seinen Klimazielen zu finden
Von einer wuchtigen Hitzewelle erfasst, fragen sich dieser Tage viele Menschen, ob es sich lediglich um ein Wetterphänomen handelt oder aber, ob der Klimawandel nun auch in europäischen Gefilden Einzug hält. Vor diesem hitzigen Hintergrund trifft es sich gut, dass sich die Umweltminister der Europäischen Union gestern eben mit der Klimafrage beschäftigten.
Es war das erste Treffen nach dem kläglich gescheiterten Versuch der Staats- und Regierungschefs, sich bis 2050 auf eine klimaneutrale, also Co2-freie EU zu verständigen. Die hehre Absicht endete am vergangenen Donnerstagabend als Fußnote in den Gipfelschlussfolgerungen – was für viel Unmut bei Umweltaktivisten sorgte.
Auch Carole Dieschbourg (Déi Gréng) zeigt sich mit Blick auf diese Nicht-einigung enttäuscht; am Ende hatten vier Staaten die Einstimmigkeit verhindert. Gleichsam legt die luxemburgische Umweltministerin den für Europapolitiker typischen Optimismus an den Tag, indem sie darauf hinweist, dass bis vor ein paar Monaten bloß acht Staaten, darunter Luxemburg, hinter der Vorgabe der Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts standen. „Das ist also kein Drama“, folgt die ebenso typische europapolitische Durchhaltementalität, dass es nun bis zum Un-klimagipfel am 23. September in New York gelte, Überzeugungsarbeit bei dem widerwilligen Quartett zu leisten, damit die Europäische Union ihrer Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel gerecht wird.
Optimistisch bleibt Carole Dieschbourg auch beim Erreichen der nationalen Ziele, so, wie sie im Energie- und Klimaplan formuliert werden. „Es ist realistisch”, betont sie, wissend dass die Co2reduzierung von 50 bis 55 Prozent bis 2030, ein Anteil an erneuerbaren Energien von 23 bis 25 Prozent (was mehr als einer Verdoppelung Hohe Hürde: Bis 2030 will Luxemburg seinen Anteil an erneuerbaren Energien mehr als verdoppeln, auf 23 bis 25 Prozent. des Ist-zustandes entspricht) sowie eine Steigerung der Energieeffizienz auf 40 bis 44 Prozent äußerst ambitiöse Zielsetzungen darstellen.
Zufrieden sind Carole Dieschbourg und Energieminister Claude Turmes, dass ihnen der zuständige Eu-kommissar Miguel Canete am Montag die „Ambitionen eines Musterschülers“bescheinigt habe. Diese Ambitionen macht die Ministerin am Beispiel der Co2-emissionen fest, wo die initiale Eu-lastenteilung für Luxemburg lediglich ein Minus von 40 Prozent vorsah.
Die große Herausforderung besteht nun darin, den Energie- und Klimaplan mit Leben zu füllen, das heißt, im Detail aufzuzeichnen, welche Wege begangen werden sollen, um die Ziele zu erreichen. Der steinigste Parcours wartet in der Mobilität, die rund zwei Drittel der Emissionen verursacht. Die Grünen-minister hoffen darauf, mit den immensen Investitionen in den öffentlichen Transport und der gebetsmühlenartigen Förderung der Elektromobilität die Wende zu schaffen. Hoffnung setzt
Unsere Ziele sind realistisch. Carole Dieschbourg
Carole Dieschbourg auch in eine nachhaltige Finanzpolitik und eine effiziente Zusammenarbeit mit Finanzminister Pierre Gramegna (DP). Was Ansätze einer ökologischen Steuerreform anbelangt, lässt die Ministerin durchblicken, dass demnächst eine Arbeitsgruppe der drei Regierungsparteien zusammenkommen soll. Ein erster zaghafter Schritt wurde mit der Anhebung der Literpreise auf Benzin (ein Cent) und Diesel (zwei Cent) zum 1. Mai 2019 vollzogen. Die Einnahmen sollen zur Hälfte in den Klimafonds fließen und – nach Wunsch der Regierung, so Dieschbourg – in die Sozialpolitik. Damit greift Blau-rot-grün eine Empfehlung der Eu-kommission auf, nämlich wirksam gegen Energiearmut vorzugehen.
„Wir sind entschlossen, zu handeln und unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren“, gibt sich die Umweltministerin kämpferisch. Am Montag erinnerte der Mouvement écologique daran, wie anstrengend dieser Kampf sein wird: Bereits am 16. Februar hatte Luxemburg seinen Overshoot-day erreicht – also den Tag, an dem die Ressourcen verbraucht sind, die dem Land zustehen ...