Buschfleisch – ein weltweites Artenschutzproblem

Bushmeat: Die großen Tiere werden zuerst ausgerottet

Buschfleisch – ein weltweites Artenschutzproblem

Ende 2019 stand auf einer Artenschutzkonferenz in Brüssel zum Thema Wildtierhandel die aktuelle Situation zum Thema Buschfleisch-Jagd im Mittelpunkt. Man mag sich fragen, was Europa mit diesem Thema zu tun hat. Viele Menschen wird es überraschen, aber unser Konsum kann indirekt Einfluss auf den Verzehr von Wildfleisch („Bushmeat“) in anderen Regionen haben. Und auch für die Nachfrage in Europa werden Wildtiere in Afrika gewildert.

Buschfleisch auch in Europa: Geräucherter Affe im Koffer

Anlass der Konferenz war unter anderem die Sorge der belgischen Regierung über die regelmäßigen Beschlagnahmen an den landeseigenen Flughäfen, wo aus Gepäckstücken von Reisenden vermehrt Fleisch von Affen, Schuppentieren oder kleinen Antilopen gezogen wird. Geräuchert, gekocht oder sogar roh, es sind Mitbringsel, meist von Afrikanern, die in Belgien leben und auf Heimaturlaub waren. Auch Frankreich ist eine Drehscheibe: Allein über den Pariser Flughafen Roissy-Charles De Gaulle sollen wöchentlich fünf Tonnen Buschfleisch eingeschmuggelt werden.

Ein Artenschutzproblem einerseits, aber auch ein Gesundheitsrisiko für den Menschen durch eingeschleppte Bakterien oder Viren andererseits. Zumindest in Belgien wird das Wildfleisch zwar beschlagnahmt und vernichtet, aber eine Strafe haben die Passagiere hier offenbar nicht zu fürchten. Es ist also nicht weiter verwunderlich, wenn der Buschfleischimport immer weitergeht. Offiziellen Schätzungen zufolge werden mehrere Tonnen Buschfleisch pro Monat über europäische Flughäfen eingeschmuggelt. Doch der Konsum in Europa ist nur ein Bruchteil davon, was in den Wäldern Afrikas, Asiens oder Südamerikas alltäglich gejagt wird – mit fatalen Folgen.

Von Schlingfallen, Gewehren und Giftpfeilen

Zehn Millionen Tonnen Wildfleisch werden in den Tropen und Subtropen weltweit jährlich konsumiert, allein die Hälfte davon im Kongobecken (vor allem Demokratische Republik Kongo und Republik Kongo, aber auch Äquatorialguinea, Angola, Gabun, Kamerun, Sambia und Zentralafrikanische Republik). Dort werden mehr als 200 Säugetierarten mit Schlingen und Gewehren gejagt, um die Nachfrage nach Buschfleisch zu stillen.

Buschfleisch: Auch seltenes Okapis werden wegen ihres Fleischs gewildert
Buschfleisch: Auch seltenes Okapis werden wegen ihres Fleischs gewildert

Während Schlingen vor allem auf kleinere und mittelgroße Tiere abzielen, werden die teuren Kugeln für die Jagd auf große Tierarten wie Waldelefanten, Gorillas, Schimpansen und Okapis benutzt. Doch auch diese großen Tiere können in Schlingen geraten. Wildvögel gehören ebenfalls zum Beuteschema der Jäger, während Reptilien und Amphibien in Afrika als Fleischquelle weitgehend verschmäht werden.

Im Amazonas, dem zweitgrößten Zentrum des globalen Wildfleischmarktes, landen etwa gleich viele Säuger- und Vogelarten im Kochtopf. Die häufigste Fangmethode der indigenen Völker sind Giftpfeile, doch auch in Südamerika breitet sich bereits die Jagd mit Gewehren aus. In Ost- und Südostasien dominieren hingegen Reptilien und Vögel den Wildfleischmarkt, während Säuger hier eine deutlich kleinere Rolle spielen. Dies liegt einerseits an regionalen Präferenzen, aber auch an dem jeweils natürlich vorkommenden Artenspektrum.

Schrumpfende Wälder, verstummte Wälder

Eins eint alle betroffenen Regionen: Der Lebensraum der Tiere in Asien, Afrika und Lateinamerika schrumpft dramatisch, während gleichzeitig die Bevölkerungszahl und vielerorts auch die Kaufkraft wächst. Neue Straßen machen ehemals entlegene Gebiete für Holzfäller und Jäger zugänglich; die Jagd findet oft nicht mehr zur Selbstversorgung der eigenen Familie statt, sondern das Fleisch wird auf den Märkten und an Holzfäller oder Minenarbeiter verkauft.

Bushmeat in Südamerika: Gewildertes Gürteltier in Bolivien © Duston Larsen
Bushmeat in Südamerika: Gewildertes Gürteltier in Bolivien © Duston Larsen

Mit der Kommerzialisierung des Buschfleisches steigt der Jagddruck auf die Wildtiere noch weiter. Selbst in noch augenscheinlich intakten Restwaldgebieten spricht man inzwischen von stillen Wäldern: Die Schreie der Affen, die krächzenden Rufe der Papageien sind verstummt, kein Knacken von Zweigen durch größere Tiere.

Buschfleisch: Keine schnelle Lösung in Sicht

Die wachsende Bevölkerung der Tropen und Subtropen ist auf ausreichende Proteinversorgung angewiesen. Verschärft wird die Situation beispielsweise in westafrikanischen Küstenländern noch zusätzlich, wo industrielle Fangflotten aus Europa, China und Japan die Meere leer fischen und die lokale Bevölkerung deshalb noch stärker an Land auf die Jagd geht. Die Erwartung, all die Menschen, die seit vielen Generationen Wildfleisch konsumieren, kurzfristig zu Vegetariern oder Veganern zu machen, wäre naiv und anmaßend.

Um die fünf Millionen Tonnen Buschfleisch jährlich allein für das Kongobecken mit Fleisch aus Landwirtschaft zu ersetzen, bräuchte es Berechnungen des Bushmeat-Experten Prof. John Fa zufolge 15 Millionen Kühe oder zwei Milliarden Hühner pro Jahr. Vom Flächenverbrauch einmal abgesehen, fehlt es auch an der Akzeptanz für dieses Fleisch. Wildfleisch wird als natürlicher, gesünder und hochwertiger angesehen. Auch dies bietet also keine schnelle Lösung, die Zeichen stehen schlecht für die Tiere dieser Regionen.

Geräuchertes Affenfleisch auf Bushmeat-Markt in Yaounde, Kamerun
Geräuchertes Affenfleisch auf Bushmeat-Markt in Yaounde, Kamerun

Uns Artenschützern bleibt vor allem Aufklärungsarbeit, um zumindest für die bedrohten und geschützten Arten die Nachfrage zu reduzieren und den Vollzug zu verbessern, aber auch alternative Einkommensquellen statt Jagd zu entwickeln. Deshalb unterstützen wir entsprechende Projekte in Ländern wie beispielsweise Kamerun, Peru, Republik Kongo und Gabun und sind Teil einer Aufklärungskampagne zu Gesundheitsrisiken durch Zoonosen und Buschfleisch in mehreren afrikanischen Ländern. Und in Europa müssen wir uns die Frage stellen, inwieweit unser Konsum von Meeresfisch und unser Verbrauch von Rohstoffen wie Coltan für den Bau immer neuer Smartphones die Jagd auf Schimpansen und Gorillas befeuert…

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