Zugegeben, Frust gehört auch in der Apotheke dazu, beispielsweise wenn Kund:innen wieder einmal unverschämte Forderungen stellen, die dritte Samstagsschicht in Folge ansteht oder Lieferengpässe die Arbeit erschweren. Und auch Chef:innen und Kolleg:innen können manchmal für Augenrollen sorgen. Doch auch wenn der Ärger groß ist, solltest du dich mit öffentlicher Kritik zurückhalten. Denn Kolleg:innen verunglimpfen ist tabu, oder?
„Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht!“ – So lautet der Titel eines Romans, den ein Angestellter vor einigen Jahren verfasst hat, um sich seinen Arbeitsfrust von der Seele zu schreiben. Und wie der Name schon vermuten lässt, dreht sich dabei allem um die alltäglichen Zustände am Arbeitsplatz. Dabei kommen auch die Kolleg:innen und der Chef nicht zu kurz, wenn auch nicht namentlich erwähnt. Darin sah der Arbeitgeber jedoch „grobe Beleidigungen der Geschäftsführer und ArbeitnehmerInnen“, die in seinen Augen eine erhebliche Ehrverletzung darstellten. Die Folge: eine außerordentliche Kündigung für den Beschäftigten. Doch dagegen wehrte er sich.
Arbeits-Roman: Verunglimpfen von Kolleg:innen oder Kunstfreiheit?
Und das Landesarbeitsgericht Hamm gab ihm Recht. Denn anders als in vergleichbaren Fällen handele es sich in diesem Fall nicht um direkte Beleidigungen von Teammitgliedern und/oder Vorgesetzten. Stattdessen soll das Verunglimpfen von Kolleg:innen und Co. innerhalb des Romans erfolgt sein. Dieser fällt jedoch unter die gemäß Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit. Zudem sei ein Roman als Fiktion anzusehen und der Autor habe außerdem zu Beginn des Buches den Hinweis formuliert, wonach die vorkommenden Handlungen und Personen frei erfunden seien.
Hinzu kommt, dass eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen nur vorliege, wenn diese „als Vorbild einer Romanfigur für einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis erkennbar“ sind. Dies sei jedoch vom Arbeitgeber nicht nachgewiesen worden, so die Richter:innen weiter.
„Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer, der den Alltag mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten zu einem Roman mit dem Titel ,Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht!‘ verarbeitet hat, auf die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Kunstfreiheit berufen kann“, lautet daher das Urteil. Demnach war das – wenn überhaupt indirekte – Verunglimpfen von Kolleg:innen und Co. durch das Recht auf Kunstfreiheit abgedeckt.
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