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Online-Selbsttests als 3G-Nachweis – jetzt ermitteln Behörden

Vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Selbsttests sind nur dann gültig, wenn sie unter Aufsicht durchgeführt werden. Das trifft auf die Online-Angebote nicht zu. | Bild: Piman Khrutmuang / Adobe Stock, PTAheute

Seit dem 24. November 2021 müssen Beschäftigte – auch in Apotheken – vor Betreten ihrer Arbeitsstätte nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind. Die Apothekeninhaber haben dies täglich zu überwachen und regelmäßig zu dokumentieren. Ebenfalls seit diesem Tag fallen immer mehr Online-Anbieter durch dubiose Angebote für „überwachte“ oder „kontrollierte“ Selbsttests als 3G-Nachweis auf. 

3G-Nachweis mit Online-Fragebogen statt Testzentrum?

Der Service von „dransay.com“ soll beispielsweise so funktionieren: Der ungeimpfte Arbeitnehmer macht morgens zu Hause einen Selbsttest. Nach negativem Ergebnis muss er auf der Website einen Fragebogen ausfüllen. Fünf Minuten später soll ihm und dem Arbeitgeber von Online-Ärzten dann das negative Selbsttest-Zertifikat als PDF per E-Mail gesendet werden.  

Der Service soll fünf Minuten Zeit und maximal 1,00 Euro pro Selbsttestkit (das selbst erworben werden muss) kosten. Die Online-Selbsttest-Zertifikate, so dransay.com auf der Website (Stand 09.12.2021), seien gemäß Rechtsgutachten gültig nach § 2 Nr. 7 SchAusnahmV, den auch das Bundesarbeitsministerium auf seiner Webseite als Voraussetzung zitiere. Ein entsprechendes Rechtsgutachten sei auf der Webseite abrufbar. 

Wettbewerbszentrale forderte dransay.com zur Unterlassung auf

Die Wettbewerbszentrale hat dransay.com bereits vergangene Woche zur Unterlassung aufgefordert. Der gemeinnützige Verein ließ dem Anbieter der Seite dransay.com – wie tagesschau.de berichtete – eine schriftliche Abmahnung zukommen. Sollte der Betreiber und Anwalt, Can Ansay, sein Angebot bis Mittwoch nicht vom Netz nehmen, will die Wettbewerbszentrale gerichtliche Schritte einleiten.  

Das Angebot von dransay.com ist jedoch nach wie vor online. Bereits Ende November hatten Recherchen von PTAheute ergeben, dass sich die Testzertifikate auch ohne vorherige Durchführung eines Corona-Selbsttests erhalten lassen. Das war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags ebenfalls so.  

Als überwachende Ärztin wird auf dem Zertifikat die 79-jährige Dr. med. Eva-Maria Ansay genannt, die ihre Frauenarztpraxis nach Angaben von tagesschau.de bereits 2013 an eine Nachfolgerin verkaufte.  

Trotz mehrfachem Anfragen stand der Betreiber der Website dransay.com für Fragen nicht zur Verfügung. Gegenüber tagesschau.de verweist Ansay zur Unterlassungsaufforderung durch die Wettbewerbszentrale auf ein Rechtsgutachten und schreibt, eine vorschriftsmäßige Überwachung sei „auch mittels online Fragebogen möglich“. 

Test-Express mit ähnlichem Angebot

Neben dransay.com bietet auch das Portal „Test Express“ online ausgestellte Corona-Testbescheinigungen an, die für den Nachweis am Arbeitsplatz ausreichen sollen. Das Bundesministerium für Gesundheit und das NRW-Gesundheitsministerium warnen explizit vor der Nutzung von Corona Testbescheinigungen am Arbeitsplatz, die nach digitalen Testverfahren ausgestellt wurden. Ein digital überwachter Selbsttest mit Testzertifikat erfülle nicht die Anforderungen, so die Behörden.  

Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium weist auch ausdrücklich darauf hin, dass nur Tests, die vor Ort durch Dritte durchgeführt oder überwacht worden sind und werden, mit einem 3G-fähigen Testzertifikat bestätigt werden dürfen. Die Verwendung solcher Testnachweise zum Beispiel bei Zugangskontrollen nach der Coronaschutzverordnung stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden könne.  

Sowohl bei dransay.com als auch bei Test Express findet eine solche digitale Überwachung nicht einmal statt. Das Portal Test Express gibt dies sogar explizit auf der Website an. 

Bild: Screenshot von Test Express am 09.12.2021 13:15 Uhr

Sowohl der Inhaber von dransay.com, Dr. jur. Can Ansay, als auch Markus Bönig – der Geschäftsführer der hinter dem Portal Test Express stehenden CliniGo GmbH, behaupten nach wie vor, dass ihre Angebote der aktuellen Rechtslage entsprächen und die Testbescheinigungen als 3G-Nachweis anerkannt werden müssten. 

Was bedeutet 3G für Ungeimpfte?

3G bedeutet für Ungeimpfte, dass sie einen maximal 24 Stunden alten Antigen-Schnelltest vorweisen müssen, der von einem der Coronavirus-Testverordnung entsprechenden Leistungserbringer durchgeführt wurde. PCR-Tests dürfen maximal 48 Stunden zurückliegen. 

Zu den anerkannten Leistungserbringern zählen öffentliche Testzentren, Apotheken oder Arztpraxen. Möglich sind auch Selbsttests im Betrieb unter Aufsicht oder durch vom Arbeitgeber beauftragte Dritte. Das soll sicherstellen, dass die Tests ordnungsgemäß ablaufen. 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) stellte klar, dass vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Selbsttests nur dann gültig sind, wenn sie unter Aufsicht durchgeführt werden. 

Bei einem begleiteten Selbsttest werde davon ausgegangen, dass die Aufsicht führende Person bei der Testung und während der Auswertezeit physisch anwesend sei, teilt das Landesgesundheitsministerium NRW auf Anfrage des Handelsblattes Ende November mit. Online durchgeführte Selbsttests erfüllen somit nicht die Anforderungen für die am 24. November 2021 in Kraft getretene 3G-Regelung für Beschäftigte.