Monatliches Energiemarkt-Update: Bessere Aussichten für die Versorgung im Winter trotz gemischter Marktsignale

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Ganz im Gegensatz zum vergangenen Sommer ließen in diesem Juli die Sorgen um die europäische Energieversorgung im kommenden Winter nach. Die für die Jahreszeit ungewöhnlich hohen europäischen Gasbestände und die deutlich besseren Wasservorräte waren die Hauptursachen hierfür. Hohe Niederschlagsmengen und kühle, windige Wetterbedingungen liessen die nordischen Wasserbestände zum ersten Mal in diesem Jahr über den Fünf-Jahres-Durchschnitt ansteigen, während sich die Wasserbilanz in den Alpen merklich verbesserte.

Darüber hinaus wurden die Aussichten für die Energieversorgung durch die Leistung der französischen Kernkraftflotte untermauert, die deutlich mehr produziert als im Vorjahr und die Instandhaltung früher als vom Markt erwartet abgeschlossen hat. All diese Entwicklungen in Verbindung mit einem anhaltenden Nachfragerückgang und düsteren makroökonomischen Indikatoren trugen zu einer Verbesserung der Aussichten für die Versorgung im Winter bei, was sich auch in der Abschwächung der Preise im Termingeschäft bei der Betrachtung der Winterverträge zeigt.

Die Brennstoffmärkte trugen zu dieser pessimistischen Stimmung bei, da die Gasbestände auf einem ungewöhnlich hohen Niveau blieben. Was das Gas betrifft, stieg die norwegische Versorgung in der zweiten Julihälfte an, als die Gasaufbereitungsanlage Nyhamna wieder ihre volle Kapazität erreichte. Die LNG-Versorgung blieb trotz des sehr hohen Kühlungsbedarfs im Sommer in Asien stabil. Tatsächlich steigerte eine lange Hitzewelle in China den Strombedarf für Kühlung, der grösstenteils durch Kohlekraftwerke gedeckt wurde. Dies führte zu einer starken Importnachfrage und verdoppelte die Kohleeinfuhren im zweiten Quartal des Jahres, wodurch der schwache europäische Kohleverbrauch ausgeglichen wurde.

Die erheblichen Verzögerungen bei der Schifffahrt auf dem Panamakanal förderten umfangreiche LNG-Lieferungen nach Europa und sorgten zusammen mit der «TurkStream»-Pipeline für eine solide Gasversorgung nach Europa. Bedenkt man zudem die anhaltend gedämpfte Gasnachfrage in der Industrie und im Energiesektor, ist es leichter zu verstehen, wie die EU-Speicherstände am 1. August bei 86 Prozent liegen konnten, was deutlich über dem Vorjahreswert und dem Höchstwert von August 2020 liegt.

Im Gegensatz zu den Kohle- und Gasmärkten erlebten die Rohölmärkte eine bullische Phase, die vor allem durch die von der OPEC/OPEC+ veranlassten freiwilligen Drosselungen der Erdölförderung ausgelöst wurde. Mehrere weitere Faktoren, darunter die Unterbrechung der Verkäufe der US-Regierung aus ihrer strategischen Ölreserve (Strategic Petroleum Reserve, SPR) und die sinkende Wahrscheinlichkeit einer schweren wirtschaftlichen Rezession, stützten die Rohölpreise im Juli erheblich. Was die Emissionszertifikate betrifft, blieben die Preise aufgrund der Kosten für die Umstellung von Kohle- auf Gas-Kraftwerke im schmalen Korridor von 85 bis 90 Euro pro Tonne. Die bevorstehende saisonale Verringerung der Auktionsmengen dürfte sich nur in begrenztem Masse auf die Preise auswirken, da sie von den Marktteilnehmern bereits seit einiger Zeit erwartet wird.

Alles in allem hat sich die Energieversorgungssicherheit in Europa den ganzen Juli über weiter verbessert: Hohe Gasbestände, solide Wasserbilanzen, eine flexible französische AKW-Flotte und der anhaltende Nachfragerückgang bilden einen Puffer, falls Marktentwicklungen ihre Widerstandsfähigkeit in Frage stellen sollten.

— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für «Research in European Power» gewinnen. www.axpo.com —

 

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