„Farewell Yellow Brick Road Tour“, so heißt die wohl letzte Tour von Elton John. Die Musiker-Legende gibt mit vollem Einsatz sein Bestes. Foto: Punz
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Wehmütiges Goodbye: Elton John auf Abschiedstour zu Gast in Stuttgart
  • Bruno Knöller

Stuttgart. Rund 10.000 Besucher verharren angespannt und erwartungsfroh in der stockdunklen Stuttgarter Schleyerhalle. Schlaglichtartig erstrahlt plötzlich die Bühne in gleißendem Licht. Ein untersetzter, etwas fülliger Mann sitzt in glitzerndem Frack an einem Yamaha-Flügel, mit großrandiger, gelber Brille, dicken Klunkern an den Fingern und Brillis in den Ohren.

Diese Beschreibung passt nur auf eine Person: Elton John — einen der größten Unterhaltungskünstler der Gegenwart.

Als er seine zunächst etwas angestrengt wirkende Stimme zu „Bennie and the Jets“ erhebt, in die Tasten greift und seine sechsköpfige Band ihn machtvoll begleitet, müssen sich die Ohren erst noch an die Lautstärke gewöhnen. Immerhin zeigen nicht AC/DC oder Metallica Bühnenpräsenz, sondern ein Mann und seine Mitstreiter, die vor allem für mitfühlende, einfühlsame Balladen stehen.

Doch der von der englischen Königin geadelte Ausnahmekönner wird besser. Immer besser! Viel besser! Und die Stimmung steigt mit fast jedem der 25 Songs. Nach jedem Titel erhebt sich die begeisterte Anhängerschaft des 72-Jährigen von den Sitzen und spendet Applaus. Der Erfolg auf seiner zweiten Station von sechs in Deutschland stattfindenden Konzerten im Rahmen der dreijährigen Mammut-Abschiedstournee ist Elton John von Anfang an sicher. Am authentischsten ist Sir John, wenn sich die Band zurücknimmt. Beispielsweise beim eher weniger bekannten „Indian Sunset“, nur von Percussions und seinem Klavier untermalt, in dem man förmlich die Büffelherde über die Prärie trommeln hört. Und erst recht natürlich bei seinem etwa zur Hälfte des fast dreistündigen Konzerts Solo vorgetragenen „Candle in the Wind“, seiner erfolgreichsten Single.

Bei Elton John muss alles gigantisch sein. Ist es auch. Dazu zählt auch die riesige Video-Leinwand, auf der, passend abgestimmt zu allen Songs, Filme oder knallbunte Kreationen für ein Gesamtkunstwerk sorgen — bei „Candle in the Wind“ bewegte Bilder von Marylin Monroe, der er ursprünglich diesen Titel gewidmet hat (erst später auch Lady Diana), bei „Rocket Man“ grandiose Aufnahmen aus dem Weltall. Bei „Crocodile Rock“ kann der Commander des British Empire seine Stimme schonen: Das Singen übernimmt über weite Strecken die Zuhörerschaft.

Reginald Kenneth Dwight, wie der Superstar mit bürgerlichem Namen heißt, wird auch politisch und bekennt: „Wir brauchen keinen Brexit. Wir müssen in Europa zusammenhalten.“ Den treffenden Song dazu gibt es schon seit 1995 und auch an diesem Abend: „Believe“. Darin heißt es: „Liebe kennt keine Grenzen.“

Wie bedeutend Elton John ist, zeigt sich allein schon daran, dass er Dutzende von Welthits geschaffen, für die an diesem Abend die Zeit nicht reicht. Wie gern hätte man noch „Sacrifice“, „Nikita“, „A Word in Spanish“, „Made in England“ und vor allem das eingängige „Can You Feel the Love Tonight“ aus seiner Kehle vernommen!

Doch ein Titel ist unverzichtbar: „Your Song“ als erste der beiden Zugaben, womit Elton John 1970 den Durchbruch schaffte. Spätestens als zum Abschluss „Goodbye Yellow Brick Road“ erklingt, kommt Wehmut auf und viele der treuen Fans müssen manche Träne aus den Augen wischen bei seinem letzten Auftritt in Baden-Württemberg. Dann entschwebt der Meister auf der Bühne mittels eines Lifts nach oben und wenig später vom Flughafen Echterdingen auf Nimmerwiedersehen in Richtung englische Heimat.

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