Kreis Germersheim „Gut für das bitterarme Germersheim“

Das Foto aus dem Jahr 1955 zeigt von links Heimleiterin Erika Pagelsen, Ilse Gerauch, Pedell Zöller, Sekretärin Maria Vogel, Ver
Das Foto aus dem Jahr 1955 zeigt von links Heimleiterin Erika Pagelsen, Ilse Gerauch, Pedell Zöller, Sekretärin Maria Vogel, Verwaltungsmitarbeiter Kurt Bertram, Margret Däuwel, geb. Klee und Gärtner Friedrich Heintz. Im Hintergrund das Studentenwohnheim.

«Germersheim.» „Wenn jemand auf der Straße das Schreibmaschinengeklapper gehört hätte, wäre es mit der Stelle nichts geworden“, erzählt Margret Däuwel. Sie erinnert sich an ihren Einstieg als zweite Sekretärin an der Staatlichen Dolmetscherhochschule in Germersheim im Jahr 1947. Das war auch das Jahr der Gründung des späteren Germersheimer Ablegers der Mainzer Universität, der am 7. Juli seinen 70. Geburtstag feiert.

Däuwel, mittlerweile 86 Jahre alt, rüstig und geistig topfit, und Ilse Görauch waren die ersten Sekretärinnen der neuen Germersheimer Hochschulverwaltung. „Wir zwei Frauen, Verwaltungsleiter Prager und zwei Mitarbeiter. Das war der Anfang“, erzählt sie. Und erklärt auch die Geschichte mit dem Schreibmaschinengeklapper. Die Maschine, auf der sie Schreibmaschineschreiben lernte, wäre nämlich sofort eingezogen worden, hätten die französischen Behörden im Nachkriegsgermersheim davon gehört. Schreibmaschinen waren wie so Vieles nach dem Krieg absolute Mangelware. Vielleicht wäre die Schreibmaschine ja in der von den Franzosen gegründeten Dolmetscherhochschule gelandet. Jedenfalls bekam Margret Däuwel die Stelle und erzählt davon, wie einfach es damals in der Hochschulverwaltung zuging. „Wir hatten eine ganz einfache Büroeinrichtung im ehemaligen Casino (heute Bürgersaal). Die Kaserne wurde ja gerade erst für die Hochschule umgebaut.“ Eine der ersten Arbeiten für die beiden Sekretärinnen war Informationsblätter für die Gymnasien der Region zu schreiben. „Die mussten ja wissen, dass es die neue Hochschule gab.“ Etliche haben es mitbekommen, die Dolmetscherschule („Sprocheschul“) nahm mit über 200 Studenten den Betrieb auf. Das war gut für das „damals bitterarme Germersheim“. Die jungen Leute mussten untergebracht werden, der Anfang der Vermieterkultur in der Stadt. „Matratzen waren da, das Bettzeug musste mitgebracht werden“, erzählt Däuwel. Viele Studenten lebten direkt in der Hochschule, „zu zehnt in einem Zimmer“, mit großen Gemeinschaftsbädern. Erster Rektor war Professor Schramm, der zweimal pro Woche nach Mainz fuhr und auch dort Vorlesungen hielt. Andere Dozenten kamen aus Mainz, lehrten in Germersheim. Das war schon materiell nicht so einfach. „Alles Büromaterial, Papier, Bleistifte, Radiergummi, war kontingentiert, wurde von den Franzosen zugeteilt“, erinnert sich Däuwel. „Es gab nichts zu kaufen, alles wurde von den Franzosen beschafft.“ Die Uni hat aber nicht nur der Verwaltung, den Dozenten und den Studenten Beschäftigung verschafft. „Es wurden viele Putzfrauen und Heizer eingestellt“, so Däuwel. Die Heizer kamen während des Unterrichts in Räume, schürten die Öfen, damit es nicht gar zu kalt wurde im Festungsgemäuer. Die Heizer waren auch fürs Brennmaterial zuständig, mussten oft frisch gefällte Bäume verbrennen. „Das hat gewaltig geraucht“, erzählt Margret Däuwel. Weil jeder jedem irgendwie geholfen habe, seien auch Freundschaften entstanden. Im Kollegenkreis, aber auch international mit Studenten, die vorwiegend aus Deutschland und Frankreich kamen. Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Russisch sei gelehrt worden. Und weil die Sekretärinnen oft Texte in diesen Sprachen abschreiben und Vervielfältigen mussten, lernten sie ein bisschen Fremdsprache mit. In besonderer Erinnerung sind Däuwel die Abrechnungen für die Professoren. 100 Mark Studiengebühr mussten die Studenten zahlen, dazu das „Hörgeld“, je nach Zahl der Vorlesungen, die sie besucht haben und die ihnen bestätigt wurden. „Das mussten wir immer zuerst machen, damit die Professoren ihr Geld bekamen“, erzählt Däuwel mit einem verschmitzten Lächeln. 15 Jahre lang war Margret Däuwel im Sekretariat der Hochschule, die mittlerweile Auslands- und Dolmetscherinstitut hieß. „Ich vergesse das nie“, erzählt sie zum Abschluss des Gespräches. „Jedes Mal, wenn ich dort vorbeikomme, denke ich ’Da war mein Büro’.“ Info Der öffentliche Festakt 70 Jahre Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft, findet am Freitag, 7. Juli, im Audimax der Uni statt. Dabei wird auch eine Ausstellung über die Uni in Germersheim eröffnet. Anschließend beginnt um 19 Uhr auf dem Campus das öffentliche Fest des Freundeskreises.

x