Kreis Südwestpfalz Neidkopf, Plumpsklos und eine Granate

91-96162100.jpg

Seit 213 Jahren steht das alt-ehrwürdige Haus Schetting in Breitfurt. Seit dem vorigen Jahr restaurieren die Unternehmerin Carola Becker und Frank Siegmund den zuletzt verfallenen Erbhof. Dieser soll mit möglichst viel Eigenleistung so historisch wie möglich wiedererstehen.

Die Jahreszahl 1804 krönt die Eingangstür zum Haus Schetting. Auf dem Türholz prangt noch der „Neidkopf“, der Unheil abwehren soll. Dahinter leitet der Flur in die alte Küche, links geht es in die gute Stube. Die Treppe führt hoch in den ersten Stock. Wie es hier einst aussah, lässt sich noch erahnen – wie es aussehen wird, noch nicht. Zurzeit ist hier eine einzige Baustelle. Carola Becker und Frank Siegmund restaurieren den denkmalgeschützten Erbhof. Und haben alle Hände voll zu tun: Zehn Jahre hatte das Haus Schetting leergestanden, und davor wurde dort auch nicht viel getan. „Bis hoch zum Balkon war alles zugewuchert; es gab kein Durchkommen. Innen sah es auf den ersten Blick besser aus“, erzählt Carola Becker. Beim zweiten Hinsehen offenbarten sich dann die versteckten Tücken: Das Dach musste neu gedeckt werden. Die alten Fenster mussten raus. Auf den Wänden klebte ein halbes Dutzend Tapetenschichten aus zwei Jahrhunderten. Unterm Dach waren die ursprünglichen Giebelfenster zugemauert, ein neues durch das Mauerwerk gebrochen. „Wir kratzten die Tapeten herunter, bis wir feststellten, dass der Putz doch runtermuss. Die bemalte Tapete im Erdgeschoss hätten wir gern gerettet, aber leider löste sie sich in Fetzen auf.“ Außerdem, erzählt Becker, fanden die beiden im Haus viele alte Installationen, von denen sie sich fragten, wofür die einmal gut waren. So findet sich in der Küche eine rußige, viereckige Öffnung in der Außenwand. Ihr Zweck? Unbekannt. Vielleicht stand hier mal ein Ofen. In der guten Stube wurde nachträglich ein Stahlträger eingezogen. Auf der Giebelseite ist ein Fleck erkennbar, wo das Mauerwerk kreisförmig erneuert wurde. „Dort soll mal eine Granate reingegangen sein“, so Becker. Zahlreiche Geschichten ranken sich um den historischen Hof. Der wurde in seinen 213 Jahren immer wieder umgebaut. 1913 kam eine große Scheune dazu. Nachträglich wurde das Haus elektrifiziert; es erhielt neue Durchbrüche, die später wieder geschlossen wurden. Dennoch hat sich in all der Zeit nicht wirklich viel verändert. Gespart haben die Vorbesitzer über zwei Jahrhunderte hinweg vor allem bei den Sanitäreinrichtungen. „Im ganzen Haus gab es genau ein Waschbecken – das in der Küche. Dort hat sich die letzte Bewohnerin noch gewaschen“, weiß Siegmund. Diese Zeiten sind vorbei. Draußen im Hof liegen heute die Trümmer der zwei alten Plumpsklos. Im ersten Stock wird es ein Badezimmer geben. Doch dafür müssen erst einmal viele nagelneue Leitungen verlegt werden. Könnten Becker und Sigmund nicht selbst möglichst viele Arbeiten erledigen, wäre die Restaurierung nicht zu stemmen. „Im Spätsommer 2016 haben wir angefangen zu roden, da halfen uns Bekannte. Und ein Bauer half mit schwerem Gerät aus“, erzählt Becker. „Im Oktober kam das Dach drauf, und über die Wintermonate haben wir von drinnen alles rausgeholt“, ergänzt Siegmund. „Wir wollen dabei möglichst viel von der historischen Substanz erhalten. Die Türen mit den Kastenschlössern bleiben drin, es gibt auch nicht viel Geschnörkels.“ Während Siegmund zurzeit drinnen Putz von den Sandsteinwänden klopft, wird draußen der neue Außenputz vorbereitet: Wie das Dach wird der von einer Firma erledigt. Zum Bedauern der beiden Bauherren waren die historischen Möbel bereits weggeräumt. Dafür fanden sie im Gewölbekeller unter anderem eine Batterie alter Flaschen. Einige davon stammen von der Brauerei Löwenburg aus Zweibrücken. Wenn alles fertig ist, wird der Hof nicht nur als Wohnheim dienen, sondern auch als Arbeitsplatz. Caro Becker plant, im Erdgeschoss ein Büro für ihre Firma „Caros Inline-Academy“ einzurichten. Die Scheune soll sowohl der Academy als auch Siegmunds Schreinerei als Lager dienen. Einziehen wollen die beiden im Jahr 2018. Caro Becker: „Natürlich ist dann noch nicht alles fertig. An so einem Haus ist immer was zu tun.“

x