Ludwigshafen An heißen Tagen wie diesen

Das Becken ist prallvoll und immer im Blick von Philipp Odenweller und seinen Kollegen.
Das Becken ist prallvoll und immer im Blick von Philipp Odenweller und seinen Kollegen.

Aufblasbare Schwimmringe in kunterbunt, Köpfe, Köpfe und Bälle, wieder Köpfe. Eltern, Kinder, überall Köpfe. Dieser Blick übers Nichtschwimmerbecken bietet sich dem Beobachter an einem Ferien-Donnerstagnachmittag, 15.30 Uhr, bei prallem Sonnenschein und Temperaturen über 30 Grad. Es ist ein großes Durcheinander fröhlicher Menschen, auf das der Laie orientierungslos blickt. Die Tonspur: Kinderlachen, Wasserplanschen, rufende Erwachsene. Der übliche Freibad-Sommer-Sound eben. Den Überblick behalten müssen Philipp Odenweller und seine – an diesem Tag – fünf Kollegen. Der 27-Jährige steht am Beckenrand, beobachtet. „Wurde bei Ihnen ein Ring abgegeben?“, möchte eine Frau in schwarzem Schwimmdress wissen. Leider nicht. Odenweller ist Bademeister. Zumindest würde man das landläufig sagen. Er jedoch mag den Begriff nicht besonders. „Viele sehen im Bademeister jemanden, der immer nur ums Becken läuft und das ganze Jahr gut gebräunt ist“, sagt der junge Mann mit blau verspiegelter Sonnenbrille. Als Fachangestellter für Bäderbetriebe – so heißt das richtig – sei er auch für Technisches zuständig, messe beispielsweise pH-Werte, ist dabei, wenn Filter gespült werden, wechselt Chlorgasflaschen. In der Hallenbadsaison geben er und seine Kollegen Schwimm- und Aquajoggingkurse. Ein vielseitiger Job. Die wichtigste Aufgabe aber: An Tagen wie diesen den Überblick behalten, Ansprechpartner sein und in Notsituationen helfen. Die können kleiner oder auch größer sein. „Mal ein Pflaster oder ein Wespenstich, der gekühlt werden muss“, sagt Odenweller, der aus Maudach stammt. „Es gibt aber auch schon mal einen Beinbruch oder eine ausgekugelte Schulter.“ Während man sich das nicht so ganz genau vorstellen möchte, laufen wir weiter. Odenweller und seine Kollegen wechseln oft den Standort, um bei Rundgängen alles im Blick zu haben. „Wir schauen, dass kein Becken ohne gelbes T-Shirt ist.“ Das Oberteil in der knalligen Farbe ist ihr Erkennungszeichen. „Bitte hier im Becken nicht mit dem Ball spielen“, ermahnt er einen Rentner im Schwimmerbereich, der sich mit seinen Enkeln und Tennisball im Wasser tummelt. Weiter geht’s. „Man muss den Blick schärfen“, sagt Odenweller. Vor allem lernen, „nur Blödsinn“ von „ernster Lage“ zu unterscheiden. Eine blonde kurzhaarige Frau spricht ihn an: Dort hinten im Becken sei jemand mit Alltagskleidung im Wasser. Odenweller schickt einen Kollegen. Denn ins Wasser dürfen Gäste natürlich nur in Badeklamotten. Wie oft er selbst ins Wasser springen und Menschen retten muss, kann er nicht abschätzen. „Lieber einmal zu viel“, sagt er und läuft dann Richtung Technikraum, das Becken derweil nie aus dem Blick verlierend. Ein stetiges Surren und angenehmer Schatten hier drinnen. An kleinen Bildschirmen werden die Wassermesswerte angezeigt, an einem anderen Monitor kann er die Attraktionen steuern. Die beiden Rutschen sind schon aktiviert. Nun drückt er auf die Taste für den Strömungskanal und draußen geht’s rund. Vorher hatte er einem Kollegen Bescheid gegeben, der schon am Kanal bereitsteht. „Dort sollte mindestens einer dabei stehen, wenn wir den Kanal anmachen“, sagt Odenweller. Nicht dass doch mal ein kleineres Kind unter ein größeres gerät. „Sicherheit geht immer vor“, erklärt er. Wenn also mal zuviel los ist, die Bademeister an allen Becken im Einsatz sind, muss der Strömungskanal eben länger ausbleiben. Eine Lautsprecher-Durchsage: Zwei Kinder suchen ihre Eltern. Dann steht Odenweller zwischen den beiden Rutschen. Schlangen kringeln sich auf der Treppe nach oben. Ein Kind nach dem anderen landet – platsch – im Wasser. Und – platsch – ist plötzlich auch Philipp Odenweller ins kühle Nass gesprungen – in Kleidung. Er klettert triefend aus dem Becken, einen kleinen Jungen seiner Mutter übergebend. „Der Junge hat sich nach dem Rutschen hoch und runter bewegt“, erklärt Odenweller seinen Einsatz. Kollege Patrick Lauer sagt: „An genau derselben Stelle musste ich auch schon mal reinspringen.“ Manchmal unterschätzen Kinder die Rutsche und Eltern das Können ihrer Kinder. Was Lauer an seinem Beruf mag? „Ich bin mit Leuten zusammen“, sagt der 37-Jährige, während Odenweller sich um trockene Kleidung kümmert. Und Leute gibt es im Freibad in den unterschiedlichsten Varianten. „Es gibt die Harmoniebedürftigen, die kommen, ihre Bahnen ziehen und wieder gehen“, beschreibt Lauer. Dann gebe es einzelne, die denken, sie hätten ihre Bahnen gepachtet. „Und pubertierende Jugendliche zeigen, was sie können.“ Ohne Konflikte geht’s nicht immer. Kaum ist Kollege Odenweller wieder trocken angezogen, kommt ein kleines Mädchen und fragt nach einem Pflaster. Odenweller erzählt, dass er den Job – inklusive Ausbildung und Meisterprüfung – seit zehn Jahren macht. Er mag die Kombination aus Menschen und Technik. Mindestens alle zwei Jahre werde die „Rettungsfähigkeit“ von ihm und seinen Kollegen überprüft. Damit sie auch an Tagen wie diesen nicht nur den Überblick behalten, sondern im Notfall eingreifen können.

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