Ludwigshafen „Machtfülle ist gefährlich“

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Atilla Celik besitzt einen türkischen Pass und hat somit die Berechtigung, an der Volksabstimmung über die Verfassungsänderung teilzunehmen. Celik lebt seit 1987 in Ludwigshafen und ist bei der BASF als Chemiefacharbeiter beschäftigt. Er ist politisch interessiert und möchte bei der Abstimmung mit „Nein“ votieren. Über seine Gründe erzählt der 44-Jährige Folgendes: „Aus meiner Sicht kommt der Erfahrung im politischen Leben eine große Bedeutung zu. Bisher hat die Türkei ein funktionierendes parlamentarisches System gehabt. Dass nun dieses System geändert und in die Hände eines Mannes so viel Macht übergeben werden soll, halte ich für gefährlich.“ Das belege ein Blick in zahlreiche andere Länder: „Auch im Irak, Syrien oder in Libyen gab es Präsidialsysteme. Auch dort gab es Wahlen. Was ist daraus geworden? Mit der Verfassungsänderung wird die Regierung faktisch aufgehoben. Es kommt ausschließlich auf den Präsidenten und seine Stellvertreter an. Er wird die Macht haben, das Parlament jederzeit aufzulösen.“ Gegengewichte würden dadurch völlig aufgehoben. „Das ist insgesamt sehr besorgniserregend und birgt große Risiken in sich.“ Das grenzenlose Vertrauen vieler Landsleute in Erdogan hält Celik für bedenklich. „Als er damals, im Dezember 2013, in der Korruptionsaffäre sagte, dass bei seinen Leuten sichergestellte Geld gehöre ihnen nicht, andere hätten es dort abgelegt, um sie zu verleumden, haben ihm viele geglaubt und ihm applaudiert. Später, als dieses beschlagnahmte Geld an seine Leute zurückerstattet wurde, und zwar mit Zinsen, wurde ihm wieder applaudiert. So viel blindes Vertrauen ist nicht gut. Seine Anhänger nehmen ihm alles ab, auch wenn er heute etwas sagt und morgen genau das Gegenteil behauptet“, so Celik. |ik

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