Speyer Lieber zum Arzt gehen als „durchwurschteln“

Informiert am Aktionsbus in der Maximilianstraße: Harald Schwacke, Chefarzt des Diakonissen-Stiftungs-Krankenhauses.
Informiert am Aktionsbus in der Maximilianstraße: Harald Schwacke, Chefarzt des Diakonissen-Stiftungs-Krankenhauses.

Schlaganfall und Diabetes sind Volkskrankheiten, für die es nicht immer eindeutige Vorwarnungen gibt. Umso wichtiger ist Aufklärungsarbeit. An einen auffälligen roten Aktionsbus, der zu diesem Zweck am Montag in der Maximilianstraße geparkt war, kamen viele Interessierte. Ein Chefarzt berichtet, wie das Risiko gesenkt werden kann.

Die Vertreter des Diakonissen-Stiftungs-Krankenhauses, der AOK und des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim wollten erst mal ankommen an ihrem Aktionsstand, da waren sie bereits voll gefragt: Der erste Besucher war nicht für Information, zur Ultraschall-, Blutdruck- oder Blutzuckermessung gekommen, wie sie allen Interessierten angeboten wurden. Nein, er hatte akute Symptome eines Schlaganfalls. Am Morgen habe der Senior plötzlich Wortfindungsstörungen bei sich selbst festgestellt und deshalb die Mediziner am Bus aufgesucht.

Für solche Fälle sei das Angebot eigentlich nicht gedacht, sagte Dr. Harald Schwacke, Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie am „Diak“. Aber selbstverständlich wurden die Fachärzte vor Ort sofort tätig: Der Mann wurde gründlich untersucht und dann ins Krankenhaus eingeliefert. Bei ihm sei mit Bluthochdruck einer der häufigsten Risikofaktoren festgestellt worden. Zirka 300.000 Schlaganfälle würden in Deutschland pro Jahr verzeichnet, in rund zwei Drittel der Fälle seien die Patienten zum ersten Mal betroffen, so Schwacke. 40 Prozent der Betroffenen trügen bleibende Schäden davon. Die Neurologinnen Susanne Frisch und Antje Bürger stießen erst am Nachmittag zur Medizinerriege am Aktionsstand, aber Internist Schwacke betonte, dass sich auch seine Disziplin mit vielen Schlaganfall-Ursachen wie erhöhten Blutzucker- und Blutfett-Werten oder Vorhofflimmern nur zu gut auskenne.

Risikofaktoren verringern

Es seien so viele Bürger betroffen, weil sie nicht gesund lebten, weil sie rauchten, übergewichtig seien oder Vorsorge vernachlässigten, ordnete Schwacke ein. Es sei aber schwierig, die oft nicht allzu deutlichen Alarmzeichen zu bemerken. Es gebe anders als beim Urologen oder Gastroenterologen keine festgelegten Altersgrenzen, bei denen Vorsorgeuntersuchungen dringlich würden. Es gelte „in den Körper reinzuhören“. Der Hausarzt sei dabei ein wichtiger Berater, betonte Schwacke.

Wie bei so vielen Themen gilt: Die Pandemie hat es nicht einfacher gemacht. Gerade 2020 seien die Leute seltener zum Arzt gegangen und etwa viele Zuckererkrankungen nicht so gut betreut worden. „Die Leute haben sich dann durchgewurschtelt.“ Im „Diak“ sei derzeit eine hohe Anzahl neuer Krebspatienten auffällig. Verdacht: Die eine oder andere Vorsorgeuntersuchung sei verschleppt worden. Schwacke sieht Folgeprobleme wie Engpässe bei Reha-Kliniken, Logopäden, Physiotherapeuten oder Pflegediensten.

Selbsthilfegruppen zeigen Präsenz

Auch deshalb zeigten viele Fachleute Präsenz am Aktionsstand. Peter Ellspermann von der Herzstiftung, die wie Aphasiker-Selbsthilfegruppe vertreten war, deutete auf sein Handgelenk, um zu belegen, dass es auch moderne Hilfe dabei gibt, in den Körper hineinzuhören: Viele handelsübliche Smartwatches könnten Unregelmäßigkeiten beim Blutdruck erkennen und melden.

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