Kolumne: Ich sag’s mal so Shisha, Schlafsack und das andere Zeug, das bei uns so liegenbleibt

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Jeder kennt sie. Die Plätze im Haus für Dinge, die einem nicht gehören. Keine geklauten Sachen, sondern Gegenstände, die hier gelandet sind. Tupperdosen von Geburtstagsgästen, Omas Kuchenteller, leere Osternester der Kinder, die wieder zurückkönnen (schon lange), oder Mamas Plätzchendose.

Wir haben mehrere. Küchenutensilien werden in der Küche neben dem Herd gelagert. Da ist ein kleines Stück Arbeitsplatte, das man weder zum Gemüse-Schnippeln noch zum Brote-Schmieren nutzen kann. Ist zu klein. Gut für die Tuppers. Die Obstschale mit zwei Osterhasen und Probepäckchen von Hustenbonbons aus der Apotheke stehen auch da.

Größere Teile werden im Windfang auf oder neben der großen schönen Schwedenbank gelagert. Ein echtes Schmuckstück. Hat mein Bruder maßgefertigt. Der ist Schreiner. Extra zum Aufklappen. Da passen alle Schuhe rein. Also meine ausgenommen. Wird aber schwierig mit dem Aufklappen, wenn was draufsteht. Also stehen die Schuhe davor.

Bloß keine Nörgel-Mama werden

Wenn ich die Rückführung der Leihgaben verantworte, dann sind die Sachen schnell und zuverlässig wieder bei ihren Besitzern. Ich bin ein sehr ordentlicher Mensch. Hab ich von meinem Papa. Der war früher Beamter. Auch ein sehr ordentlicher.

Für andere Dinge braucht es etwas länger und ich mehr Gelassenheit, weil ich keinen Einfluss auf deren weiteren Weg hab (wer will schon als Nörgel-Mama in Kindererinnerungen bleiben): Jeans in Dunkelblau und Schwarz, Socken (natürlich einzelne), T-Shirts mit Aufdrucken wie „Sound System“ oder Knastgesichtern. Entweder die Übernachtungsgäste waren nur einmal hier, erinnern sich nicht mehr, dass sie sowas besessen haben, sind vielleicht auch froh, dass die Jeans und Shirts ein neues Zuhause gefunden haben, oder sind einfach zu faul, den Stapel durchzuschauen, der mittlerweile in einer Kiste unter der Treppe liegt. Meinen eigenen Jungs „passen“ die Sachen nicht. Gut. Bei Mädels-T-Shirts kann ich das aufgrund des Stylings verstehen.

Der Jason holt’s gleich ab

Jetzt, da mein Ältester ein eigenes Auto hat und darin offenbar Ordnung haben möchte, räumt er dort Liegengebliebenes gerne zur Haustür rein in den Windfang. Rucksäcke von Mitschülern (für die Berufsschule braucht man die nur einmal pro Woche) sind auch wieder heimgegangen. Zum ersten Advent hat sich da ein Schlafsack von Julius (Name von mir geändert) eingefunden. Ich frage mich, wieso, denn zum Campen wurde er Anfang Dezember wohl kaum genutzt. Außerdem eine Shisha, die mir bis zur Hüfte reicht, dazu ein Wäschekorb mit passendem Zubehör wie Kohlenanzünder und Schläuche und ein bisschen Müll. Ich glaube, es ist Müll, ich kenn’ mich mit Wasserpfeifen und dem Zubehör nicht so aus. Auf meine Nachfrage wird mir versichert, dass der Jason (Name auch von mir geändert) die gleich abholt.

Es scheint irgendeine Anziehungskraft hier zu geben für übrig gebliebene Dinge. Unser Haus kommt mir vor wie ein Gnadenhof für Klamotten und anderes Zeugs. Nur günstiger als die Patenschaft für Seehunde in der Aufzuchtstation Norddeich.

Der Schlafsack ist mittlerweile auf mein Anraten runter in die Garage gewandert. Die ist seit geraumer Zeit keine Garage mehr, sondern ein „Jugendtreff“. Mit Couch. Die ist auch liegengeblieben. Nicht bei uns, aber nach dem Theaterstück in Battweiler. Hat sogar Bühnenerfahrung. Auf jeden Fall war sie danach ganz schnell hier. Dann kann sich der Schlafsack-Besitzer (der Kumpel ist eh fast täglich bei uns) beim Playstation-Spielen auf der Bühnencouch einkuscheln. Passt. Auch, wenn’s mal später werden sollte.

Es ist Ende Januar. Ich sitze im Wohnzimmer auf meinem Sofa und mach’ mir einen gemütlichen Abend. In einem pinkfarbenen Girlie-Shirt mit „Sound System“-Aufdruck. Ich könnte die Shisha vom Windfang ausprobieren. Hoffentlich holt der Jason die nicht gleich ab.

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