Schizophrenie, Stress, Brustkrebs schneller erkennen?

Was Schweiß über unsere Gesundheit verrät

Mit dem Schwitzen kühlt der Körper sich, im Schweiß sind aber auch viele Biomarker enthalten.

Mit dem Schwitzen kühlt der Körper sich, im Schweiß sind aber auch viele Biomarker enthalten.

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Methoden zur Früherkennung von Krankheiten sind oft unangenehm, häufig ungenau und manchmal auch mit Risiken verbunden. Das könnte sich in Zukunft ändern. Denn im Schweiß von Erkrankten lassen sich häufig Biomarker aufspüren: Proteine, die typisch für eine Erkrankung sind.

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Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Großbritannien ist es vor Kurzem gelungen, Brustkrebs anhand von Schweißproben zu erkennen. Sie glauben, dass diese Methode die Diagnostik deutlich erleichtern könnte. Das Standardverfahren zur Früherkennung von Brustkrebs sei bisher die Mammografie, heißt es in ihrer Veröffentlichung. Diese habe aber den Nachteil, dass Frauen dabei Strahlung ausgesetzt werden. Sie werde oft als unangenehm empfunden und habe eine begrenzte Treffsicherheit, schreiben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Dadurch würden sich Diagnosen verzögern, bei jüngeren Frauen gebe es zudem viele falsch positive Ergebnisse. Zur Bestätigung einer Diagnose sei außerdem eine schmerzhafte Biopsie nötig. Ein Verfahren, das schneller, nicht invasiv und kostengünstiger ist, sei daher „sehr wünschenswert“.

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In einer Machbarkeitsstudie hatten die britischen Forschenden getestet, ob sich Brustkrebs auch anhand einer Schweißanalyse erkennen lasse. Dazu hatten sie bei 15 erkrankten Frauen Abstriche von deren Fingerspitzen genommen. Durch die Analyse von Biomarkern im Schweiß ließ sich der Brustkrebs mit fast 98-prozentiger Treffsicherheit erkennen. Alle bösartigen Formen von Brustkrebs seien dabei richtig erkannt und keine fälschlicherweise als gutartig diagnostiziert worden, schreiben die Autoren und Autorinnen der Studie. Bevor der Schweißtest in der Praxis eingesetzt werden kann, müssten die Ergebnisse aber noch in Studien mit deutlich größeren Zahlen an Teilnehmerinnen bestätigt werden.

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Schweiß enthält Biomarker für Schizophrenie

Noé Brasier und Jens Eckstein, zwei Wissenschaftler der Universität Basel, hatten Schweiß schon in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2019 als Quelle für Biomarker der nächsten Generation bezeichnet. In ihrem wissenschaftlichen Artikel listen sie auf, bei welchen Krankheiten Schweißanalysen die Diagnostik vorantreiben könnten. Eine davon wäre demnach die Tuberkulose. Bisher gebe es das Problem, dass die meisten Erkrankten in Ländern mit begrenztem Zugang zum Gesundheitssystem leben, so die Autoren. In einer Untersuchung seien aber in Schweißproben 26 Biomarker für Tuberkulose gefunden worden. Falls weitere Untersuchungen dies bestätigen, könnten daher Schweißtests für ein Screening auf Tuberkulose genutzt werden – und zwar auch in Gebieten mit schlechter Gesundheitsversorgung.

Brasier und Eckstein verweisen auch auf die Parkinson-Forschung. So war die Schottin Joy Milne dadurch bekannt geworden, dass sie Parkinson am Schweißgeruch erkennen kann. Forschende suchen nun nach Markern, die für den typischen Geruch der Parkinson-Krankheit verantwortlich sind. Dabei erzielten sie erste Erfolge. Sie entdeckten bei Parkinson-Patienten und ‑Patientinnen mehrere spezifische Proteine. Die Substanzen hatten sie allerdings nicht im Schweiß, sondern im Hauttalg gefunden. Auch dieser ließe sich aber nach einem einfachen Hautabstrich analysieren.

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Selbst psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie lassen sich irgendwann vielleicht anhand von Hautabstrichen erkennen. Eine Studie hatte schon 1960 ergeben, dass Ratten an Schizophrenie erkrankte Menschen am Geruch erkennen können. Eine weitere Studie hatte bestätigt, dass im Schweiß von Schizophreniepatienten und ‑patientinnen bestimmte Proteine als Biomarker nachweisbar sind. Wenn entsprechende Tests noch weiterentwickelt würden, könnten Schweißanalysen auch bei Schizophrenie eines Tages zur Früherkennung beitragen, wodurch eher behandelt werden könnte, schreiben Brasier und Eckstein.

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Könnte die Gesundheitsversorgung verändern

Und sie sehen noch weitere Anwendungs­möglichkeiten. So könnten aus Schweißanalysen Methoden zur Blutzuckerbestimmung entwickelt werden, zur Überprüfung der Nierenfunktion oder zur Früherkennung von Lungenkrebs, für den erste Biomarker im Schweiß entdeckt worden sind. Bereits jetzt angewendet werden Schweißuntersuchungen bei der Diagnostik der Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose: Ein erhöhter Gehalt von Natriumchlorid im Schweiß deutet auf das Vorliegen einer Erkrankung hin.

Und nicht nur die körperliche Gesundheit, auch das seelische Wohlbefinden lässt sich womöglich an der Schweißzusammensetzung erkennen. Ein Team iranischer und schweizerischer Forscher hat ein Pflaster mit elektronischem Chip entwickelt, das den Gehalt des Stresshormons Cortisol im Schweiß über den Tag hinweg erfassen soll. Das Pflaster soll dabei helfen, übermäßigen Stress zu erkennen, um rechtzeitig stressbedingten Krankheiten wie einem Burn-out-Syndrom vorzubeugen. Marktreif ist die Methode dabei noch nicht. Auch für die anderen Einsatzgebiete von Schweißanalyse gilt, dass noch weitere Studien nötig sind.

Wurden für eine Krankheit genügend Biomarker identifiziert, könnten smartphonebasierte Biosensoren zum Einsatz kommen, um diese aufzuspüren, so die Idee von Brasier und Eckstein. Schweißabstriche könnten mithilfe solcher „elektronischer Nasen“ dann direkt vor Ort ausgewertet werden, was aufwendige Labortechnik überflüssig machen würde. Als Testmethoden hätten Schweißanalysen dann das Potenzial, die Gesundheits­versorgung deutlich zu verändern, glauben die Forscher.

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