Jahrestag der Pogromnacht

Knobloch: „Angstkomplex unter Jüdinnen und Juden in Deutschland“

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, spricht bei einer Gedenkveranstaltung der Kultusgemeinde vor der Münchner Hauptsynagoge Ohel Jakob in München am 12.10.2023. Die Gedenkveranstaltung stand unter dem Motto «Trauer an der Seite Israels».

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, spricht bei einer Gedenkveranstaltung der Kultusgemeinde vor der Münchner Hauptsynagoge Ohel Jakob in München am 12.10.2023. Die Gedenkveranstaltung stand unter dem Motto «Trauer an der Seite Israels».

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Berlin. Juden leben nach den Worten der Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zunehmend in Angst. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich je einen solchen Angst-Komplex unter Jüdinnen und Juden in Deutschland erleben musste wie heute“, sagte Knobloch dem „Tagesspiegel“ (Donnerstag) vor dem Hintergrund des 85. Jahrestages der Pogromnacht gegen Juden im NS-Staat. „Die Menschen haben so viel Angst wie noch nie, manche überlegen sogar, das Land zu verlassen“, fügte die Holocaust-Überlebende hinzu. Lange hätten sich Juden in Deutschland sicher gefühlt, nun aber spürten sie: „Sicherheit wie früher gibt es hier nicht mehr.“

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Knobloch zufolge erodiert unter Juden in Deutschland seit den Massakern der Hamas an israelischen Zivilisten und dem Gegenschlag Israels auch das Vertrauen der Juden in ihren Schutz durch deutsche Sicherheitskräfte. „Viele glauben, dass die Verantwortlichen es nicht mehr schaffen, den Hass und die Gewalt gegen Juden einzudämmen.“ Sie fühlten sich angesichts antisemitischer Kundgebungen heute an Demonstrationen in der Weimarer Republik vor rund hundert Jahren gegen Juden erinnert.

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Knobloch, die von 2006 bis 2010 auch Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland war, nannte den Import von Antisemitismus durch Migranten aus muslimischen und arabischen Ländern „hochgefährlich“. Die deutsche Politik habe dies „sträflich unterschätzt“. Dies sei auch der Grund, „warum sie jetzt endlich einschreiten muss“. Im Kampf gegen Judenhass sei „ein härteres Vorgehen“ notwendig. „Wo die Gesetze nicht ausreichen, müssen sie verschärft werden“, fügte sie hinzu.

„Blutigster Tag für Juden seit der Schoah“

Bundeskanzler Olaf Scholz erinnert an diesem Donnerstag an die brutalen Pogrome der Nationalsozialisten gegen Jüdinnen und Juden vom 9. November 1938 - vor genau 85 Jahren. Bei der zentralen Gedenkfeier in einer Berliner Synagoge wird auch Josef Schuster sprechen, der Präsident des Zentralrats der Juden. Thema sind dabei auch die wachsenden Ängste von Jüdinnen und Juden heute. Seit dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober hat in Deutschland die Zahl judenfeindlicher und antiisraelischer Vorfälle stark zugenommen. Tausende kamen zu propalästinensischen Demonstrationen.

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Schuster sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag): „Der Hamas-Überfall am 7. Oktober war ein Pogrom.“ Es sei der blutigste Tag für Juden seit der Schoah gewesen. „Er ist ein Einschnitt für Israel, aber auch für jüdische Gemeinschaften weltweit.“ Der Zentralratspräsident stellte weiter fest: „Es hat Jüdinnen und Juden erschüttert, dass auch in Deutschland so viele Menschen für Judenhass und Israelfeindlichkeit empfänglich sind. Die Bilder von deutschen Straßen, auf denen vor allem Arabischstämmige die Vernichtung Israels und die Auslöschung aller Juden fordern, sprechen tief verwurzelte Ängste an, die auch mit dem 9. November 1938 zusammenhängen. Wir brauchen hierauf klare rechtsstaatliche, aber auch gesellschaftspolitische Antworten“, fordert Schuster.

RND/dpa

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