„In der absoluten Mehrheit junge Männer“

Randale in der Silvesternacht: Gewaltforscher Zick will keine Migranten verantwortlich machen

Ein ausgebrannter Reisebus steht nach Krawallen in der Silvesternacht in einer Strasse in Neukölln.

Ein ausgebrannter Reisebus steht nach Krawallen in der Silvesternacht in einer Strasse in Neukölln.

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Berlin. Der Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, Andreas Zick, hat davor gewarnt, für die Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte in der Silvesternacht Menschen mit Migrations­hintergrund verantwortlich zu machen. „Dass Silvester so gewalthaltig war, reiht sich ein in einen Anstieg an Gewalt in der gesamten Gesellschaft“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Jetzt Vorverur­teilungen von vermeintlich existierenden Gruppen wie Migranten zu diskutieren, ist Wasser auf die Mühlen von jungen Menschen. Zudem gebietet unser Rechtssystem das nicht, und es beleidigt Millionen von Menschen, die sich als Einwanderer verstehen.“

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Schließlich blende eine solche Schuldzuweisung aus, „wie viele Menschen mit Migrationsgeschichte selbst in den Rettungs- und Polizeidienststellen arbeiten und ebenfalls Opfer sind“.

Migranten auch Opfer

Zick fügte mit Blick auf die Ausschreitungen vor allem in Großstädten wie Berlin hinzu: „Selbst wenn junge Männer aus migrantischen Milieus beteiligt sind: Es sind gewaltorientierte Gruppen, die ein Feindbild von Polizei teilen, und viele andere, die die Gelegenheit nutzen oder sich anheizen lassen.“

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Andreas Zick, Professor an der Universität Bielefeld.

Andreas Zick, Professor an der Universität Bielefeld.

Überdies seien die Täter „wieder in der absoluten Mehrheit junge Männer, die irgendwelchen traditionellen Rollenklischees folgen“, von Drogen aufgeputschte Menschen sowie solche, „die Spaß an Gewalt haben und andere darin bestätigen, dass Gewalt Spaß macht. Passiert dann die erste Gewalt, wird sie zur Norm und als Erlebnis inszeniert. Und das bremst jede andere Norm wie etwa jene, dass wir gehalten sind, Rettungs- und Ordnungsdienste ihren Job der Sicherung machen zu lassen.“

„Gewalt in allen Bereichen“

Man könne die Gruppendynamik genauer erforschen, sagte der Sozialpsychologe dem RND. „Aber wir müssen das ohne Vorurteil und Vorabbeschuldigung von Gruppen tun, denn es sind viele Gruppen, die die Dynamik erzeugen.“ Auch könne man „über alternative Silvesterkulturen jenseits von Verboten nachdenken“.

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Das alles sei aber nicht umsonst zu haben. Es müsse der Gesellschaft etwas wert sein. „Und wenn Silvester 2023 als Zeichen für den gesellschaftlichen Zustand gedeutet wird, dann sollte das zum ernsthaften Nachdenken über Gewaltkulturen in allen Bereichen führen.“

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