Vorstadt-Wähler in Ohio: Kann Trump schwindenden Rückhalt wettmachen?

Ohio ist einer der wichtigsten Staaten bei der US-Präsidentschaftswahl. Konnte US-Präsident Donald Trump bei der Wahl 2016 noch Anhänger in den Vorstädten akquirieren, sieht das vier Jahre später ganz anders aus.

Ohio ist einer der wichtigsten Staaten bei der US-Präsidentschaftswahl. Konnte US-Präsident Donald Trump bei der Wahl 2016 noch Anhänger in den Vorstädten akquirieren, sieht das vier Jahre später ganz anders aus.

Columbus. 2016 hatte Donald Trump im Wahlkreis von Peggy Lehner in den Vororten von Dayton im US-Staat Ohio noch bequem die Wahl gewonnen. In diesem Jahr könnte das ganz anders aussehen. Die Unterstützung für den US-Präsidenten sei nicht abgeebbt, “sie ist abgestürzt” sagt Lehner, die dort republikanische Staatssenatorin ist. “Er kommt wirklich schlecht bei den Unabhängigen an.”

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Und nicht nur hier. Republikanische Parlamentarier und Strategen sagen übereinstimmend, dass Untersuchungen auf schwindenden Rückhalt in allen, aber auch allen städtischen Vororten Ohios hindeuten. Und in Ohio werden in den USA Wahlen entschieden.

Video-Blog zur US-Wahl: Staaten in Flammen

Die Waldbrände im Westen der USA heizen den Wahlkampf an. Wie Trump und Biden damit umgehen, analysiert RND-Korrespondent Karl Doemens in seinem Video-Blog.

Zwar liegt Trump, der 2016 Ohio mit einem Vorsprung von acht Prozentpunkten gewann, in eher ländlichen Gebieten und kleinen Städten weiter deutlich vor seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden. Aber es ist fraglich, ob das die Vorstadt-Verluste wettmachen kann. Und: Republikaner sorgen sich, dass sein Abrutschen in Ohios städtischen Vororten ein schlechtes Omen sein könnte – ein Signal dafür, dass er auch in anderen Staaten im industriellen Norden, die ihm 2016 zum Sieg verhalfen, in Gefahr ist.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Indikator für den Wahlausgang

"Es wird zur Eine-Million-Dollar-Frage, was das für Wisconsin, Michigan und Pennsylvania bedeutet", sagt der republikanische Stratege Cory Bliss über die Entwicklung in Ohio. "Es bedeutet, dass es wahrscheinlich keine sehr gute (Wahl)Nacht wird."

Am Montag hielt Trump vor den Toren von Dayton eine Wahlkundgebung ab, brüstete sich damit, die verarbeitende Industrie im Staat vor der Corona-Pandemie kräftig gefördert zu haben. Zugleich warnte er vor wirtschaftlichem Niedergang, sollte Biden ihn in sechs Wochen schlagen. "Einfach ausgedrückt: Wenn Biden gewinnt, gewinnt China", sagte Trump. "Wenn wir gewinnen, gewinnt Ohio und, am wichtigsten, Amerika gewinnt."

Aber gewinnt Trump Ohio? Darauf blickt jeder auch deshalb besonders, weil Ohio seit langem so etwas wie ein Indikator für den Wahlausgang zu sein scheint. Seit Beginn des modernen Zweiparteiensystems in den USA hat kein Republikaner die Wahl gewonnen, ohne Ohio für sich zu entschieden zu haben, und seit 1960 kein Demokrat.

In Pennslyvania, Michigan und Wisconsin aufholen

Und nun mehren sich die Hinweise, dass in den Vorstädten durch die Bank Trump-Wähler abspringen, sei es westlich und östlich von Cleveland, wo er 2016 seine Rivalin Hillary Clinton knapp ausbootete, oder in den Arbeitervororten von Youngstown, wo er mit zweistelligem Vorsprung gewonnen hatte. In wohlhabenderen Vorstädten wie Dublin nordwestlich von Columbus, wo er knapp gegen Clinton verloren hatte, sehen Republikaner ebenfalls einen Negativtrend.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Eine Kernfrage ist, ob es Trump gelingt, in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin sogar noch mehr ländliche Wähler für sich zu gewinnen als 2016, wie es sein Wahlkampflager vorhersagt. Trump führt in diesen Gebieten, “aber bei weitem nicht mit den Prozenten, mit denen er 2016 dort gewonnen hat”, sagt Meinungsforscher Terry Madonna, Direktor des Zentrums für Politik und öffentliche Angelegenheiten am Franklin and Marshall College in Lancester (Pennsylvania).

Offen ist auch, ob es Trump nützen wird, wenn er – wie sich abzeichnet – noch vor der Wahl eine konservative Richterin in den Supreme Court hieven kann. Dort ist durch den jüngsten Tod der Liberalen Ruth Bader Ginsburg ein Sitz frei geworden, was Trump die Möglichkeit gibt, das höchste Gericht auf lange Sicht konservativ zu prägen. Das könnte Sozialkonservative in kleinen Städten und ländlichen Regionen mobilisieren, aber umgekehrt auch Vorstadt-Wähler, die das Abtreibungsrecht unterstützen.

Trump versucht seine Wählerbasis zu mobilisieren

Insgesamt scheint Trump bislang in Pennsylvania, Wisconsin und Michigan weniger darauf bedacht zu sein, in städtischen Vororten zuzulegen. Stattdessen versucht er, seine weiße konservative Basis in ländlichen, kleinstädtischen und Arbeiterschicht-Regionen auszubauen, die ihm 2016 zum Sieg verhalf.

Die Schicksalswahl

Der Newsletter mit Hintergründen und Analysen zur Präsidentschaftswahl in den USA.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

So machte er in der vergangenen Woche nahe Bay City (Michigan) Wahlkampf, einer Stadt, in der einst die Autoindustrie blühte und die sich jetzt abstrampelt. Trump konnte den Bezirk Bay County 2016 für sich entscheiden und hofft nun auf noch größeren Zulauf dort. Und ist der Präsident laut einer Umfrage der Marquette University seit 2016 mit schwindendem Rückhalt in den bevölkerungsreichen Vorstädten im südwestlichen Wisconsin konfrontiert, trat er bislang nicht in diesem Gebiet auf, sondern stattdessen in der Arbeiterstadt Oshkosh.

Verluste der Vorstädte woanders wettmachen

Doch Republikaner in Wisconsin sorgen sich zunehmend, dass sich Trump mit seiner Strategie verrechnen könnte. "Kann er die verlorenen Vorstadtstimmen woanders ausgleichen?" fragt etwa John Selleck, der 2012 zu den Wahlkampfmanagern des Republikaners Mitt Romney zählte. In Ohio war es Trump vor vier Jahren gelungen: In 60 der 88 Bezirke des Staates kam er auf die höchsten oder zweithöchsten republikanischen Stimmenanteile, die ein Kandidat seit 1980 ergattert hat, wie der Politikberater Mike Dawson anhand staatlicher Wahldaten errechnet hat.

Aber Charles Franklin, der an der Maquette University für Umfragen zuständig ist, sieht bislang keine Hinweise darauf, dass Trump neue Wähler gewinnt. Der Präsident müsse definitiv Verluste in Vorstädten in anderen Regionen wettmachen, so Franklin. (Aber) “derzeit spiegeln Umfragen das nicht wider.” Spannend wird, ob bei dieser Wahl die Umfragen Recht behalten.

RND/AP

Mehr aus Politik

 
 
 
 
Anzeige
Anzeige