Laut GesetzFahrlehrer darf nicht beim begleiteten Fahren neben Schwester sitzen

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Julia Rang durfte mit 16 Jahren die Fahrausbildung bei ihrem Bruder absolvieren. Der darf aber nicht beim begleiteten Fahren neben ihr sitzen.

Julia Rang durfte mit 16 Jahren die Fahrausbildung bei ihrem Bruder absolvieren. Der darf aber nicht beim begleiteten Fahren neben ihr sitzen.

Kuriose Gesetzgebung: Julia Rang aus Heimerzheim durfte mit 16 Jahren die Fahrausbildung bei ihrem Bruder absolvieren. Beim begleiteten Fahren verbietet ihm das Gesetz es aber, neben ihr zu sitzen.

Die praktische Fahrprüfung ist für Julia Rang aus Heimerzheim erwartungsgemäß super gelaufen. Nach nicht einmal 55 Minuten hat die 16 Jahre alte Tochter eines Fahrschulbesitzers den Prüfer von ihrem Können und Wissen überzeugt. Tempomat, Hupen, Profilmindesttiefe - alles kein Problem. Doch ihr Wunsch, das Auto nun nach bestandener Prüfung nach Hause fahren zu dürfen, lässt sich von Gesetz wegen nicht umsetzen. Die Vorschriften lassen außerdem nicht zu, dass ihr Bruder, der sie beim Fahren mit ausgebildet hat, auch beim begleiteten Fahren neben ihr sitzt. 

„Ganz schön kurios“, findet Vater Wilfried Rang, der letztlich die Tochter als Fahrlehrer in der praktischen Prüfung begleitete. Er besteht darum darauf, dass die Tochter auf der Rückfahrt von der Prüfung auf dem Beifahrersitz Platz nimmt.

Plastikkarte erst mit 18

Der Hintergrund für die erste Regel betrifft jeden, der mit 16 Jahren schon die Fahrprüfung besteht: Zwar darf die praktische Prüfung schon einen Monat vor dem 17. Geburtstag absolviert werden - im Fall von Julia Rang war die Frist fast ausgereizt -, doch die Prüfbescheinigung für das begleitete Fahren kann erst mit dem vollendeten 17. Lebensjahr bei der Straßenverkehrsbehörde abgeholt werden. Bis dahin sind es noch ein paar Tage. Den richtigen Führerschein, die bekannte Plastikkarte, wird es dann nicht vor dem 18. Geburtstag geben, und die etwa DIN-A5 große Prüfbeschenigung auch nur in Deutschland und Österreich, weil sich die EU noch nicht anders einig ist. „Wenn wir nach Holland fahren, muss ich an der Grenze das Steuer übernehmen“, merkt Wilfried Rang an.

Die zweite Regel betrifft indirekt nur Fahrlehrer. Denn grundsätzlich muss eine Begleitperson für das Fahren mit 17 Jahren mindestens 30 Jahre alt sein und fünf Jahre Fahrerfahrung haben. Ihr Bruder Philipp Rang, der sie stundenweise als Fahrlehrer mit ausgebildet hat, hat zwar die erforderliche Fahrpraxis, zumal er selbst mit 17 Jahren den Führerschein gemacht hat, doch er ist nach dem Gesetz einfach zu jung. Auch für den einst jüngsten Fahrlehrer Deutschlands gibt es bloß wegen seiner beruflichen Qualifikation keine Ausnahmeregelung. So werden also ausschließlich Wilfried und Andrea Rang als Begleitpersonen eingetragen. Ohne Eintrag, kein vorzeitiges Fahren.

Rang senior fehlt dafür allerdings das Verständnis: „Man darf mit 21 Jahren Fahrlehrer werden, aber nach der Fahrstunde und dem Ende der Ausbildungszeit trotzdem keinen 17-Jährigen beim Fahren begleiten.“ Der Fahrlehrerverband Nordrhein sei bei dieser Regelung nicht gefragt worden, stellt Rang fest, denn dort ist er organisiert, und auch im Kollegenkreis wird die Regelung als unverständlich angesehen.

Bruder brachte Schwester das Parken bei

Die gesetzliche Vorgabe will er nicht einfach hinnehmen. „Was mich ein bisschen ärgert an der Geschichte: Erst nach einem Modellversuch ist das begleitete Fahren 2012 fester Bestandteil der Gesetzgebung geworden. Das hätte also noch angepasst werden können.“ Nun will Rang zunächst einen Antrag bei der Fahrerlaubnisbehörde des Kreises stellen und herausfinden, ob die vielleicht eine Ausnahme macht. Ansonsten kann er sich nur in Berlin um eine Gesetzesanpassung bemühen. Doch bis ein Gesetz geändert ist, wird die Tochter vermutlich schon unbegleitet Auto fahren dürfen, und dann darf der Bruder sicherlich auch als Beifahrer dabei sein.

Von dem hat sich die 16-Jährige übrigens „das mit dem Parken“ beibringen lassen und nicht vom Vater. „Er hat es wohl anders erklärt. Wir schulen aber dieselbe Technik“, sagt der Senior.

Für den Bruder gibt es möglicherweise in absehbarer Zeit doch noch eine legale Gelegenheit, daneben sitzen zu dürfen, während die Schwester fährt. Die junge Frau will nämlich noch den Anhängerführerschein machen. Auch das darf ihr der Bruder beibringen. „Trennen, verbinden. rückwärts um die Ecke rumsetzen - keine große Sache. Aber erst soll sie mal mindestens drei Monate lang Fahrpraxis bekommen. Das rate ich auch jedem anderen Schüler“, sagt der Vater. Ansonsten war er sehr zufrieden, dass seine Tochter reichlich von den ihr geschenkten Fahrstunden Gebrauch gemacht hat. Rang: „Sicher ist das im Normalfall eine Kostenfrage, aber mehr Fahrpraxis zahlt sich auch in der Prüfung aus. Das gibt Sicherheit.“

Drei Personen stehen vor einem Auto

Familiensache fahren lernen: Philipp Rang (l.) mit Schwester Julia und Vater Wilfried.

Zwei Autos gibt es im Haushalt, mit denen die junge Frau voraussichtlich ab Mitte Oktober fahren darf. Einen Mittelklassewagen und einen SUV mit Automatik. Der Vater ist sicher: „Da kommt sie mit zurecht. Sie hat nicht den B197 (mit Prüfung auf  Automatik), sondern alles von A bis Z auf einem Schalter gelernt.“ Außerdem hat sie ihren ersten Führerschein schon mit 15 Jahren gemacht: AM für die 50er und dann noch mit 16 Jahren den A1. Später soll es noch der Führerschein für große Zweiräder hinzukommen. 

Das Interesse an der Fahrprüfung liegt offenbar in der Familie, obwohl sich die Tochter schon entschieden hat, nicht Fahrlehrer zu werden. Tiermedizin findet sie viel interessanter. Dafür braucht sie allerdings noch mehr als nur den Führerschein.

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