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Innenminister verbieten Rockerclubs

Unnachsichtig gegen gewaltbereite Rocker: Bundesinnenminister Friedrich verbietet eine überregional agierende Gruppierung in Sachsen. Hunderte Polizisten durchsuchen Vereinsheime und Wohnungen in fünf Ländern - auch in Dresden und Chemnitz.

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© Robert Michael

Dresden. Mit aller Härte gehen Politik und Polizei gegen die Rockerszene vor: In Sachsen und Brandenburg sind weitere Rockerclubs verboten worden. Erstmals schaltete sich dabei der Bund ein und verfügte die Auflösung eines kompletten Regionalverbandes, der in Sachsen und Brandenburg aktiv war. Hintergrund des Verbotes sind eskalierte Machtkämpfe in der Szene. Ein Großaufgebot der Polizei durchsuchte nach der Verfügung gegen den Regionalverband Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen am Mittwoch unter anderem Clubhäuser und Wohnungen.

Das Hauptquartier des Rockerclubs Gremium M/C befindet sich im Dresdner Norden.
Das Hauptquartier des Rockerclubs Gremium M/C befindet sich im Dresdner Norden. © dpa
Das Bundesinnenministerium begründete das erste Verbot eines kompletten Regionalverbandes damit, dass von den Vereinen eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit ausgehe.
Das Bundesinnenministerium begründete das erste Verbot eines kompletten Regionalverbandes damit, dass von den Vereinen eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit ausgehe. © dpa
Die Polizei sicherte zahlreiche Beweise.
Die Polizei sicherte zahlreiche Beweise. © Robert Michael
Auch in Chemnitz fand eine Razzia statt.
Auch in Chemnitz fand eine Razzia statt. © dpa
Hier wurde das Gremium-MC-Vereinshaus im Wittgensdorf durchsucht.
Hier wurde das Gremium-MC-Vereinshaus im Wittgensdorf durchsucht. © dpa
Die Polizei durchsucht mit Großaufgeboten und Spezialkräften in fünf Bundesländern Vereinsräume der Hells Angels.
Die Polizei durchsucht mit Großaufgeboten und Spezialkräften in fünf Bundesländern Vereinsräume der Hells Angels. © dpa
Ein kleiner Totenkopf ist der Schaltknauf an einem Motorrad eines Mitgliedes der Rockergruppe «Regionalverband Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen» in Cottbus (Brandenburg), welches am durch die Polizei beschlagnahmt wird.
Ein kleiner Totenkopf ist der Schaltknauf an einem Motorrad eines Mitgliedes der Rockergruppe «Regionalverband Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen» in Cottbus (Brandenburg), welches am durch die Polizei beschlagnahmt wird. © dpa

Schwerpunkte waren Sachsen und Brandenburg, aber auch in Berlin, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gab es Razzien. Die Innenminister sprachen von den jeweils größten Einsätzen dieser Art in den Ländern. In Sachsen - hier richtet sich das Verbot unmittelbar gegen 74 Personen - wurden zwei Clubs in Chemnitz und Dresden, 67 Wohnungen sowie Zellen bereits inhaftierter Vereinsmitglieder durchforstet. Die Polizei beschlagnahmte bis zum Mittag unter anderem 17 Motorräder, 24 Computer, 39 Mobilfunkgeräte, 12 Hieb- und Stichwaffen und rechtsextremistisches Material.

Parallel hatte das Brandenburger Innenministerium zwei Gruppierungen der Hells Angels aufgelöst. Ihnen werden zahlreiche Straftaten zur Last gelegt, wie Körperverletzung, Geiselnahme, Erpressung und Betrug.

Insgesamt etwa 1.000 Polizisten durchsuchten rund 100 Objekte, wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin mitteilte. Festnahmen gab es keine. „Es geht darum, eine Struktur zu zerstören“ erklärte Friedrich. „Mit den heute laufenden Maßnahmen stellen Bund und Länder ihre Entschlossenheit unter Beweis, gemeinsam mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Rockerkriminalität vorzugehen.“ Bereits im Herbst 2012 sei die Maßnahme beschlossen worden. Danach seien Beweise für das Verbotsverfahren gesammelt worden, hieß es.

„Rockerklubs sind kriminelle Parallelgesellschaften, die wir nicht dulden“, sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). MC Gremium habe versucht, kriminelle Macht zu entfalten und dies mit brutaler Gewalt durchzusetzen. Ulbig bescheinigte der Szene eine hohe Provokationsbereitschaft, die von exzessiven Gewaltausbrüchen begleitet sei.

Hells Angels und MC Gremium gelten als verfeindet. Mehrfach war die Gewalt in Brandenburg, insbesondere im Süden des Landes, eskaliert. Bisheriger Höhepunkt ist aus Sicht der Sicherheitsbehörden ein versuchter Mord am 25. Dezember 2011 in Königs Wusterhausen (Brandenburg): Damals war ein Rocker (26) des Clubs MC Gremium niedergestochen worden. Anlass war eine vermeintliche Beleidigung des Präsidenten der Hells Angels gewesen. Der Messerattacke folgte in der Nacht zu Silvester 2011 ein Gegenschlag der Gremium-Rocker, dessen Opfer ein unbeteiligter 16-Jähriger wurde. Beide Fälle beschäftigen derzeit Gerichte in Potsdam und Cottbus. (dpa)