Hineingehen anstatt nur davorstehen

Wer genügend Platz hat, lagert den kompletten Stauraum in ein Separee aus. Bilder (4): Raumplus

Schranksysteme.  Begehbare Schränke und Ankleiden sind der Traum vieler Frauen. Oft platzen die Träume nicht nur aus finanziellen Gründen. Die SchreinerZeitung hat bei einem Systemlieferanten und einem Schreiner nachgefragt, wo die Knackpunkte liegen.

Wenn Prominente ihr Haus in TV-Sendungen oder in People-Magazinen zeigen, sieht man sie oft. Selbst eine bekannte Brauerei hat eine Werbesendung mit ihnen gedreht. Die darin gezeigten Reaktionen von Mann und Frau sind zwar in der Realität wohl weniger euphorisch. Dennoch glänzen viele Frauenaugen, wenn sie sie sehen: begehbare Schränke und Ankleiden.

Weniger im Schlafzimmer ist mehr

Roland Speck, Geschäftsführer der Albert Speck Schreinerei im zugerischen Allenwinden, hat diesbezüglich ein steigendes Kundeninteresse festgestellt. «Die Bilder und Beiträge in den Medien tragen sicher auch ihren Teil dazu bei», ergänzt er. Von den Interessenten entscheiden sich dann aber nur wenige für einen begehbaren Schrank – viele unterschätzen schlicht den Platzbedarf. Deshalb werden Ankleiden und begehbare Schränke meistens im gehobenen Innenausbau montiert. Oft sind hier Räume oder Teile eines Raumes eigens für solche Einrichtungen vorgesehen. Denn der Trend scheint im Moment eher weg von grossen, üppig ausgestatteten Schlafzimmern zu gehen. «Zum Schlafen braucht man ja eigentlich nicht mehr als ein Bett. Der Stauraum verschwindet hinter dekorativen Schiebetüren und Trennwänden», sagt Christian Bühlmann, Geschäftsführer der Raumplus Schweiz AG. Das Unternehmen hat Systeme für Schiebetüren, Raumteiler und Schränke im Angebot und übernimmt bei Bedarf auch die Planung und Beratung.

Der Schreiner kann dabei den Vorfertigungsgrad individuell bestimmen. «Wenn wir mit solchen Systemen arbeiten, dann kaufen wir meistens nur die Beschläge ein und fertigen beispielsweise die Korpusse bei uns in der Werkstatt», erzählt Roland Speck.

Weniger Anpassarbeiten

Bei den meisten Systemen bilden vertikale, vom Boden bis zur Decke verlaufende Profile aus Metall das Herzstück. Diese müssen nur mit einer Schraube an der Decke befestigt werden. Mit entsprechenden Halterungen werden Tablare, Kleiderlifte usw. zwischen den Stangen befestigt. Dank einer in die Profile integrierten Rasterung lassen sich diese Bauteile in der Höhe individuell platzieren. Der Montageaufwand für die offenen Schränke ist also relativ gering, aufwendige Anpassarbeiten an Blenden und Sockeln fallen weg. Zudem wird die Wand statisch nicht beansprucht – bei Trockenbauwänden ein zusätzlicher Vorteil.

Für Kunden mit kleinerem Budget empfiehlt Roland Speck manchmal auch den Einsatz von gewöhnlichen, an die Wand geschraubten Stellschienen. «Damit hat man schon viele Möglichkeiten und es wirkt auch weniger klobig als ein gewöhnlicher Schrank. Denn eigentlich ist ja ein begehbarer Schrank nichts anderes als ein offenes Regal. Solche Schranksysteme an sich kosten kaum mehr als gewöhnliche Einbauschränke, da der Materialaufwand geringer ist», fügt Roland Speck an.

Ein Feind der Kleider

Aber wie verhält es sich mit Staubablagerungen bei solchen offenen Stauräumen? Diese gebe es ebenfalls bei geschlossenen Schränken, entgegnet Christian Bühlmann und nennt auch gleich den Grund dafür: «Ein grosser Teil des Staubes stammt von den Textilien selbst.» Gemäss Roland Speck wünschen dennoch die meisten Kunden eine Schiebetür. «Auch wenn alles aufgeräumt ist, wollen nicht alle ständig ihren Schrankinhalt zur Schau stellen, beispielsweise wenn man Besuch hat oder das Bad direkt an die Ankleide grenzt.»

Ein Faktor, der hingegen oft ausser Acht gelassen wird, ist das UV-Licht. Scheint die Sonne durch ein Fenster direkt auf die Kleider in einem offenen Schrank, bleichen deren Farben an den exponierten Stellen innert kürzester Zeit aus. In solchen Situationen empfehlen Roland Speck wie auch Christian Bühlmann immer den Einbau von entsprechenden Schiebetüren. «Wenn man dies den Kunden erklärt, verstehen sie es auch und merken, dass man sich damit auseinandersetzt», sagt Bühlmann.

Planung vor der Rohbauphase

Der Kunde setzt sich leider oft zu spät damit auseinander, nämlich erst dann, wenn der Roh- oder Umbau bereits fertig ist. «Dabei müsste ein begehbarer Schrank schon in der Planungsphase des Gebäudes berücksichtigt werden», ergänzt Bühlmann. Denn nur den Raum dafür einzuplanen, reicht nicht. Beleuchtungen, Schiebetürschienen oder elektrische Anschlüsse erfordern möglicherweise Ausschnitte in der Betondecke. Diese nachträglich herauszuspitzen und fräsen, ist immer mit viel Aufwand und Unannehmlichkeiten verbunden. Zudem kann es aus statischer Sicht problematisch sein. Eine abgehängte Decke oder aufgesetzte Leuchten und Schienen sind die Alternative. «Das sieht dann halt nicht ganz so schön aus», ergänzt Roland Speck.

Aber auch der Schreiner übersieht manchmal elementare Details. «Es kommt immer wieder vor, dass die Masse der Schiebetüren nicht auf die Korpusse abgestimmt sind oder zu wenig Spielraum eingeplant wird», sagt Christian Bühlmann. Dann stehen Auszüge oder Kleiderlifte an den Schiebetüren an. Bei Schiebetüren, die nicht an der Deckenschiene hängen, sondern auf der Bodenschiene stehen, fällt dies umso mehr ins Gewicht. Über mehrere Meter ist eine Bodenschiene nie 100-prozentig gerade. Selbst kleine Differenzen können dann bewirken, dass eine Schiebetür mehrere Millimeter schräg steht.

Stauraum auf mehreren Ebenen

Bei den Schiebetüren sind im Moment solche mit Mustern und individuellen Sujets sehr beliebt, die sich durch die gesamte Innenraumgestaltung hindurchziehen. Die Schreinerei Speck hat auch schon Tapeten auf die Schiebetüren geklebt, was bei den Kunden sehr gut ankommt. Raumplus hat dies ebenfalls schon ausprobiert. Dabei hat sich Glas als Träger für die Tapeten sehr gut bewährt, allerdings ist dafür ein spezieller Tapetenkleber nötig.

Verschiebbare Regale kommen beim Kunden ebenfalls sehr gut an. Mit ihnen lassen sich platzsparend mehrere Stauraumebenen hintereinander nutzen. Die beweglichen Regale stellen aber hohe Anforderungen an Rollen und Schienen. Denn auch ein mit Büchern voll beladenes Regal soll dauerhaft einwandfrei über die Schienen gleiten. Entscheidend dabei ist, dass die Rollen nicht in der Schiene, sondern auf ihr laufen. Dadurch wird verhindert, dass allfälliger Schmutz in der Schiene festgefahren wird, der sich kaum noch entfernen lässt. «Bei unserem Beschlag sind die Laufflächen der Rollen leicht nach aussen abgeschrägt. Dadurch wird allfälliger Schmutz an den Rand der Rolle befördert», erklärt Christian Bühlmann.

Angesprochen auf Accessoires wie Hosen- oder Krawattenhalter sagt Roland Speck: «Solche Dinge finden die Kunden toll. Wird aber das Budget überschritten, verzichten sie darauf als Erstes.» Die meisten begehbaren Schränke werden aber wohl auch nie in People-Magazinen und Werbespots zu sehen sein.

www.speck-schreinerei.chwww.raumplus.ch

ph

Veröffentlichung: 08. März 2012 / Ausgabe 10/2012

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