Die Auszubildenden (von links) Gabriel Weber und Nico Lampacher bei der Rettungsübung gemeinsam mit dem Ausbilder Jan von Hofmann. Foto: Zoller

Mitglieder des Baumhausvereins absolvieren in der Nähe von Bad Herrenalb Ausbildung zum Baumtechniker.

Kreis Calw - Es regnet sprichwörtlich Bindfäden. Die nasse Erde dampft. Plötzlich schallt ein Ruf durch den Wald: "Hilfe, ich habe mich verletzt!" Hoch oben im Baum hängt Jan von Hofmann in den Seilen und wartet darauf, von Gabriel Weber gerettet zu werden. Eine ungewöhnliche Situation für einen außenstehenden Betrachter, denn unweigerlich stellt sich einem die Frage: Was tun die da in den Bäumen?

Hierauf kann Tobias Weißenmayer vom Calwer Bund für Baumhaustechniker – Bildung, Forschung, Natur, Sport und Jugend e.V. als Organisator der Rettungsübungen und Baumpflegeschulung fachmännisch Auskunft geben.

Der ausgebildete Sozial- und Religionspädagoge ist Initiator des Baumhaustechniker-Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, Waldflächen wertvoller zu machen und den Kontakt von Menschen zur Natur zu fördern. Im Mittelpunkt steht dabei der Umweltschutzgedanke mit Schwerpunkt Naturpädagogik zur Ausbildung von Jugendlichen.

Herzensangelegenheit für Projektleiter

"Wir wollen die Natur schützen und pflegen und als Erholungsort für Menschen erschließen, ohne Tiere, Pflanzen, Gewässer und Ökosysteme zu beeinträchtigen", so das Credo des naturverbundenen Projektleiters, dem es eine Herzensangelegenheit ist, alte Bäume im Verkehrsraum, das heißt auf Wanderwegen, Straßen, Erholungsplätzen und Parkanlagen bis hin zu alten Obstbäumen auf Streuobstwiesen zu erhalten, da "solche Bäume helfen das Klima und unsere Lebensqualität zu verbessern". Nach seinen Aussagen hat sich das Bild vom Wald grundlegend verändert. "War der Wald früher lediglich Rohstofflieferant für Holz, so ist der lebende Baum und der lebendige Wald heute um ein Vielfaches wertvoller, weil ihn Touristen und Wanderer als Erholungs- und Freizeitort nutzen."

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, deutet Weißenmayer auf das hinter ihm baumelnde Baumhaus, das zwischen den Bäumen zu schweben scheint. Es ist eine Art gläsernes Zelt das ohne Bodenkontakt an dicken Seilen aufgehängt ist und gemietet werden kann.

Die extrem CO2-neutrale Unterkunft ist mitten im Wald im Gaistal bei Bad Herrenalb installiert und für Wanderer gedacht, die hier im Schlafsack mit Blick in die Natur übernachten. Strom für die Beleuchtung des Baumhauses liefert ein gut im Baum verstecktes Solarpaneel.

Traum vom "Baumhaus-Wander-Pfad"

Als Visionär ist es Tobias Weißenmayer ein besonderes Anliegen, mehrere solcher Baumhäuser zu bauen. "Als Elfjährige haben die Jungs die Idee dafür entworfen, die nun als junge Erwachsene durch die Bäume klettern", erklärt er nicht ganz ohne Stolz, denn gemeinsam wollen sie nun als ausgebildete Profis, ihren Traum vom "Baumhaus-Wander-Pfad" verwirklichen.

Um die passenden Fähigkeiten dafür zu erwerben, haben sich Jannick Stakl, Kilian Eisele, Gabriel Weber, Tom Zeller, Nico Lampacher und als einzige Frau auch Isabel Brenner mit Klettertechniken im Baum beschäftigt. Die jungen Akteure haben bereits einen Jugendleiterschein in der Tasche, der sie dazu befähigt, mit der Zusatzausbildung in "Seilklettertechnik-Ausbildung" (SKT-A Ausbildung) andere Kinder, Jugendliche oder auch Bürger anzuleiten, vor Ort ein eigenes Baumhaus zu erstellen. "Ein Baumkletterer ist in erster Linie einer, der sich um die Verkehrssicherheit von Bäumen kümmert", erklärt Jan von Hofmann, der als akkreditierter Ausbilder seitens der Berufsgenossenschaft dazu befähigt ist. "Da tote oder kranke Äste in den Verkehr eingreifen können, also auf Menschen oder Autos fallen, müssen sie entfernt werden, ohne den Baum zu schädigen."

Für die Ausbildung werden die Interessenten im wahrsten Sinne des Wortes "auf dem Boden der Tatsachen abgeholt" und mit sicheren Techniken in die schwindelerregend hohen Baumkronen gebracht. Dort ist an den Außenästen die Arbeit zu verrichten, ohne sich selbst zu gefährden. Grundsätzlich gilt: Wer auf einen Baum klettern will, muss einen Kletterkurs mit rund 40 Unterrichtseinheiten belegen. Für den 17-jährigen Gabriel Weber ist das trotz Dauerregen eine wichtige Sache. "Ich mag den Arbeitsparcours im Baum. Mit elf Jahren habe ich im Verein angefangen Baumhäuser zu bauen und meine Ausbildung zum Jugendleiter vor zwei Jahren absolviert." Für ihn zählt ein Baumhaus inmitten der Natur zu einem Abenteuer fernab der Zivilisation, das er in Zukunft durch den Bau weiterer Baumhäuser auch anderen Jugendlichen ermöglichen möchte. Daher unterstützt er seinen Verein mit seiner Weiterbildung, die er ebenso wie seine Mitstreiter mit Bravour bestanden haben.

Finanziert wird die rund 800 Euro teure Fortbildung über Crowdfunding. Doch dafür sucht Schulungsleiter Tobias Weißenmayer weitere Unterstützer. Wer den Gedanken der Baumhaustechniker fördert, kann nach seiner Aussage eine Nacht im Baumhaus verbringen.

Mehr Informationen unter www.startnext.de/baumhaustechnik