Willi Keller und Gitarrist Klaus Leopold durften sich in der Hammerschmiede über ein großes Publikum freuen, dem möglicherweise bei den vorgetragenen Sagen der ein oder andere Schauer über den Rücken lief. Foto: Netzer

Willi Keller und Gitarrist Klaus Leopold entführen die Zuhörer in die Welt des Mystischen

Reichenbach (red/jg). Feuer lodert in der Esse, im Halbdunkel warten große Eisenhämmer schlagbereit, Wasserrauschen dringt von der nahen Schutter herein. Alles ist bereit – aber nicht zum Schmieden. Wo es sonst hämmert und raucht, da machten am Samstagabend ein bunter Strauß Gladiolen und eine kleine Bühne die Hammerschmiede in Reichenbach ein weiteres Mal zum Treffpunkt für Literatur- und Musikfreude. Die Sagen aus dem Schuttertal und der Lahrer Gegend, die Autor und Sagensammler Willi Keller mitgebracht hatte, passten gut zum rustikalen Charme dieses alten Gemäuers. Ein virtuoser Begleiter an der Gitarre war Klaus Leopold aus Achern.

"Eine ganz besondere Unterrichtsstunde in Heimatkunde", nannte Edgar Baßler, der stellvertretende Vorsitzende des Schwarzwaldvereins Reichenbach, diesen musikalischen Sagenabend. Gemeinsam mit der Mediathek Lahr, deren Leiterin Birgit König, die Gäste begrüßte, hatte der Schwarzwaldverein Reichenbach zu dieser Veranstaltung geladen. Es sollte ein gelungener, stimmungsvoller Abend in der ganz besonderen Atmosphäre werden.

Für eineinhalb Stunden nahm das Duo seine Zuhörer in der gut gefüllten Hammerschmiede mit auf eine Reise durch die nähere Heimat. In Gedanken wanderten Publikum und Erzähler entlang der Schutter, streiften über den Lützelhardt und die Hohengeroldseck, und kamen schließlich nach Friesenheim, Sulz und natürlich Reichenbach.

30 Sagen aus der Region las Keller an diesem Abend vor und löste damit unter den Zuhörern manchen Schauder, aber auch immer wieder Heiterkeit aus. So wie bei der Geschichte jenes eingebildeten und hochnäsigen Mädchens, das in der Nähe des Haghofes beim Lützelhardt gelebt haben soll. Weil es sich jeden Tag fein machte, als wolle es ausgehen, wurde es allenthalben gehasst. Nachdem es aber plötzlich verstorben war konnte man es, vor allem in mondhellen Nächten zum Brunnen gehen sehen. Dort wusch sie sich die Zöpfe und putzte sich heraus wie zu Lebzeiten.

Eine Sage zeichne es aus, dass ihre Handlung an einem bekannten Ort stattfinde und dadurch geradezu Wahrheitscharakter erhalte, erklärte Keller. Dazu gehöre auch die bekannte Grüselhornsage, die den Kampf des Ritters Diebold von der Burg Lützelhardt gegen Walter von der Burg Geroldseck schildert.

Oft streiten in der Sage böse und gute Mächte miteinander. Zuweilen treiben Hexen ihr übles Spiel mit den Menschen und lassen diese rat- und hilflos zurück. Oder das Schicksal bestraft Übeltäter auf dieselbe Weise, wie diese Übles begangen haben. Auch von übersinnlichen Kräften handeln die Sagen, wenn sie, wie im Falle eines alten Poche-Wirtes dessen Tod ankündigen.

Mit gefühlvollen Gitarrenklängen war Klaus Leopold nah an den Themen und Emotionen der Sagen. Der Gitarrenlehrer an der Musikschule in Achern ist ein virtuoser Musiker, der mit seiner filigranen Technik beeindruckte. Geschickt nahm er die Stimmungen auf, die der gelernte Nachrichtensprecher Keller mit seiner Stimme erzeugte.

Bei so viel Sagenhaftem wunderte es einen nicht, dass Keller auch eine Erklärung für das Stattfinden der Landesgartenschau in Lahr parat hatte. Immer wenn das Burghardtweiblein umgeht, hat dies nämlich für die Stadt ein wichtiges Ereignis zur Folge.