Carmen Lötsch (links) und Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner mit Preisträger Michael Walter Foto: Haberer

Michael Walter erhält Europäischen Übersetzerpreis von Offenburg

Offenburg. Michael Walter aus München wird im Mai 2018 mit dem Europäischen Übersetzerpreis Offenburg ausgezeichnet. Mit der Auswahl des vor allem auf englischsprachige Literatur spezialisierten Übersetzers will die Findungskommission in Zeiten des Brexit ein Zeichen für die Einheit Europas setzen. Der Förderpreis geht am Thomas Mohr.

Streng genommen dürfte der 2006 erstmals von der Stadt Offenburg und der Hubert-Burda-Stiftung ausgelobte Übersetzerpreis eigentlich gar nicht an Walter vergeben werden. Der 1951 in Wiesbaden geborene Philosoph und Anglist zählt zu den herausragenden Übersetzern der britischen Literatur. Mit ihm rückt ein Land in den Fokus des Preises, dass gerade dabei ist, die Europäische Union zu verlassen.

Absage an Separatismus und nationale Identität

Die hochkarätig besetzte Findungskommission hat den Bruch der selbst auferlegten Regeln aber sehr gut durchdacht. Der Europäische Übersetzerpreis steht für den gegenseitigen Austausch und das Verstehen, für die bei aller Differenziertheit prägende Einheit des Kontinents, wie Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner bei der Vorstellung des Preisträgers betonte. Es sei deshalb auch als klares politisches Zeichen zu verstehen, wenn der Preis 2018 den Fokus auf ein Land lege, das sich gerade anschicke, der EU den Rücken zu kehren. Der Preis positioniere sich damit klar in Opposition zu den aktuellen politischen Strömungen in vielen Teilen Europas und erteile Separatismus, Ausgrenzung und einer Politik der nationalen Identität eine deutliche Absage.

Mit Michael Walter wird dabei ein Übersetzer geehrt, der in fast vier Jahrzehnten mehr als 70 Werke aus allen literarischen Genres vom Englischen ins Deutsche übersetzt hat. Es sind Romane und Erzählungen, Theaterstücke und Drehbücher von Autoren wie George Orwell, John Irving, Virginia Woolf, Herman Melville, Edward Gibbon, Henry James, Arthur Miller und zuletzt Laurence Stern, dessen Erzählungen Walter gerade für eine aktuelle Werksausgabe in drei Bänden neu übersetzt hat. Walter, der seit 1980 in München lebt, gilt als umsichtig, sprachgewandt und feinfühlig – als Übersetzer, der auch die vor 200 Jahren entstandenen Sprachkapriolen eines Laurence Stern in eine aus heutiger Sicht verständliche Sprache zu übertragen vermag.

Neben dem mit 15 000 Euro dotierten Hauptpreis wird im Mai 2018 auch wieder ein Förderpreis (5000 Euro) vergeben. Walter hat dafür den Berliner Übersetzer Thomas Mohr ausgewählt. Der Übersetzerpreis selbst wird am Sonntag, 6. Mai, übergeben. Für den Vorabend ist wieder ein literarischer Abend mit den beiden Preisträgern angesetzt. Um den Festakt herum wird es zudem erneut eine literarische Veranstaltungsreihe geben, die 2018 den Fokus auf die englischsprachige Literatur und auf Großbritannien selbst legen wird.