Ein Gedenkstein unter einer Buche nahe des Mahds­brunnens erinnert die Vorbeigehenden, wie schnell man doch aus diesem Leben gerissen werden kann. Foto: Fritsch

Sagenhafte Heimat: Blitzschlag tötet Bräutigam. Gedenkstein beim Mahdsbrunnen.

Schömberg-Bieselsberg - In unserer Leserreihe "Sagenhafte Heimat" schildert Georg Werner aus Bieselsberg eine furchtbare Tragödie, die sich vor 90 Jahren am Mahdsbrunnen bei Bieselsberg zutrug.

Es war Sonntag, 5. Juni 1921. Michael Roller von Oberkollbach und seine Verlobte Christine Stoll wollten bald heiraten. Das Hochzeitskleid war bestellt bei "Naihers-Paile", (Näherin Pauline Burkhardt) in Bieselsberg. Sie war in der ganzen Umgebung als gute Näherin bekannt, die auch im Winter in die Häuser ging und den Männern die Hemden nähte.

So spannte Michael das Pferd vor die Kutsche, denn heute sollte die Anprobe für das Hochzeitskleid sein und sie wollten miteinander auch die Gäste zu ihrer Hochzeit einladen. Während den Vorbereitungen für die Reise sang Michael das Lied:

Wer weiß wie nahe mir mein Ende!/Hin geht die Zeit, her kommt der Tod./Ach wie geschwinde und behende/kann kommen meine Todesnot!/Mein Gott ich bitt durch Christi Blut:/mach’s nur mit meinem Ende gut!

Michaels Mutter rief ihrem Sohn zu: "Bua, was sengscht denn du?" Michael ließ sich aber nicht abhalten und sang weiter:

Es kann vor Nacht leicht anders werden,/als es am frühen Morgen war;/denn weil ich leb auf dieser Erden,/leb ich in steter Todsgefahr./Mein Gott ich bitt durch Christi Blut:/mach’s nur mit meinem Ende gut.

Mittags, als alles bereit war, stieg Michael in die Kutsche und nahm seine Verlobte Christine zu sich. Ihre Schwester Marie durfte auch mitfahren. So begann die Fahrt von Oberkollbach über Unterkollbach in Richtung Bieselsberg. Der Hofhund sprang voraus.

Unterwegs wurden sie von einem schweren Gewitter überrascht. Sie suchten Schutz unter dem Blätterdach einer Buche. Während sie dort standen, entlud sich das Gewitter. Ein Blitzschlag in die Buche zerfetzte die Rinde und tötete Michael auf der Stelle. Marie wurde auf die andere Straßenseite geschleudert und blieb regungslos liegen. Nach dieser furchtbaren Tragödie ist Christine zuerst zu sich gekommen. Ihr Verlobter war schwarz, ihre Schwester lag regungslos da.

Das Entsetzen packte sie. In Panik rannte sie ins zwei Kilometer entfernte Bieselsberg. Durch das ganze Oberdorf hörte man sie schreien und um Hilfe rufen. Sie kam in Schreiers Haus, wo gerade "Stunde" der Liebenzeller Mission war und erzählte unter Weinen von dem furchtbaren Ereignis. Der Schrecken, der unter die Leute kam, war eine Sprache Gottes.

In der Zwischenzeit ist der Hund heim gerannt und ist im Hof ungewöhnlich aufgeregt herumgesprungen. Die Leute schlossen daraus, dass etwas passiert sein musste, weil der Hund auch alleine gekommen ist. Einige Bieselsberger spannten einen Wagen von Zimmermanns an und holten den Toten nach Bieselsberg, wo er blieb, bis er nach Oberkollbach überführt wurde.

Seither steht an dieser Stelle der Gedenkstein unter einer Buche, nahe des Mahdsbrunnens und erinnert die Vorbeigehenden, wie schnell man doch aus diesem Leben gerissen werden kann: "O Mensch bedenk an diesem Stein, wie schnell du kannst des Todes sein."