«Zwei- oder Dreimonatspreise sind undenkbar»

bki |

 

Der Landor-Geschäftsführer Jürg Friedli sagt im Interview, woher das Unternehmen die Dünger importiert, warum der Transport derzeit eine grosse Herausforderung darstellt und wie es mit den Preisen weitergeht.

 

«Schweizer Bauer»: «Der Düngermarkt kollabiert», titelte eine Deutsche Agrarzeitung. Würden Sie dieser Aussage zustimmen?
Jürg Friedli: Die Lage auf den Düngermärkten ist sicher sehr angespannt. «Kollabieren» trifft für die Schweiz bis jetzt aber nicht zu. Dank unserem Lager im Auhafen war Landor bis jetzt lieferfähig.

 

Was sind derzeit Ihre grössten Herausforderungen im Tagesgeschäft?
Am meisten fordern uns die beschränkte Warenverfügbarkeit, das extrem hohe Preisniveau und die Niederwassersituation auf dem Rhein. Wegen der Trockenheit im Sommer sind die Pegelstände tief.

 

Was ist die Alternative zum Düngertransport auf dem Wasser?
Die Eisenbahn. Und diesen Transportweg versuchen wir derzeit auch stärker zu nutzen. Denn können die Schiffe auf dem Rhein wegen des tiefen Wasserstands nur zur Hälfte beladen werden, lohnt sich der Transport mit der Bahn vor allem auch finanziell. Der Nachteil ist, dass nicht jedes Düngerwerk Bahnanschluss hat.

 

Jürg Friedli ist Geschäftsführer der Landor
zvg

 

Das Vorbezugssystem für Stickstoffdünger ist heuer nicht möglich. Was heisst das?
Wir können nur noch Monatspreise publizieren. Und auch diese können jederzeit widerrufen werden. Zwei- oder Dreimonatspreise wie früher sind in der heutigen Marktlage undenkbar.

 

Von wo kommen die Dünger?
Wie beziehen den Dünger hauptsächlich aus Europa, insbesondere Holland, Deutschland, Belgien und Frankreich. Wobei die meisten Werke am Wasser liegen und Rheinzugang haben.

 

Wegen der hohen Energiepreise drosselt die europäische Düngerindustrie ihre Produktion. Kommt Dünger künftig aus Übersee?
Wir sind dabei, neue Quellen anzuzapfen. Beispielsweise ist die Beschaffung von Harnstoff schwierig. Den bezieht Landor jetzt aus Nordafrika, aus Algerien.

 

Hat es genügend Dünger?
Teils wurde im Juli bestellte Ware noch nicht ausgeliefert. Aktuell, ja. Was bis zur Andüngung 2023 noch alles passiert, ist eine andere Frage. Wir empfehlen deshalb, den Bedarf zeitnah zu decken. Weiter gibt es einzelne Düngersorten, die komplett ausfallen. Hier muss man flexibel sein und auf die beste Alternative wechseln. Besonders knapp sind alle Stickstoff-Schwefel-Dünger wie beispielsweise Ammonsulfat. Der aktuelle Lieferverzug kommt von der prekären Wassersituation auf dem Rhein.

 

Wir sprechen von Stickstoffdünger. Sind die Probleme bei den anderen Düngern gleich?
Beim Stickstoffdünger ist die Lage sicher am schwierigsten. Stickstoff ist auch der wichtigste Dünger. Preislich sind aber alle Düngertypen betroffen. Auch Phosphor und Kali sind rund dreimal so teuer wie normal.

 

Wie sieht die Preisentwicklung aus?  Im Sommer 2021 kostete Mg-Ammonsalpeter fast halb so viel wie jetzt. Steigen die Preise in diesem Tempo weiter?
Das ist eine schwierige Frage. Aktuell gibt es keine Anzeichen für eine Entspannung an der Preisfront. Die Preise dürften noch etwas steigen, aber nicht mehr in diesem Tempo.

 

Die massiv gestiegenen Preise für Erdgas wirken sich auf den Düngerpreis aus.
Sergey Gorbachev

 

Was sind die Gründe für den Preisanstieg?
Hauptgrund sind die massiv gestiegenen Energiekosten, wie man es beispielsweise bei Strom und Gas sieht. Diese haben sich bereits 2021 verteuert. Mit dem Ukraine-Krieg haben sich die Versorgungsprobleme nochmals verschärft. In der Folge sind Stickstoffdünger sehr teuer und knapp geworden.

 

Ist der Mineraldünger zu teuer, weichen die Landwirtinnen und Landwirte teils auf Hofdünger aus oder setzen weniger ein. Spürt die Landor einen Rückgang der Bestellungen?
Ja, Landor spürt den Rückgang bei Mineraldünger. Auf der anderen Seite wird der Kalkversorgung der Böden wieder mehr Beachtung geschenkt. Im trockenen Sommer 2022 war auch die Befahrbarkeit der Böden ideal für die Kalkung. Die Schweiz hat zum Glück eine bedeutende Tierhaltung. Drei Viertel aller Nährstoffe kommen bei uns aus dem Stall. Hofdünger haben wieder einen Wert bekommen und werden gezielt eingesetzt, was Sinn macht.

 

Wie läuft das mit den Pflichtlagern?Im Januar wurden diese freigegeben. Wird derzeit darauf zurückgegriffen?
Die Schweiz hat beim Dünger Pflichtlagerware für vier Monate. Die Behörden verfolgen die aktuelle Lage auf den Düngermärkten genau. Bei Bedarf könnte rasch Pflichtlagerware freigegeben werden, wie dies beispielsweise bei den Treibstoffen schon erfolgt ist.

 

Gelagert werden 17’000 Tonnen Reinstickstoff. Wie viel davon lagert Landor?
Bei Landor Auhafen wird nur ein kleiner Teil der Pflichtlager gelagert. Die grössten Mengen sind in dezentralen Harnstofflagern über die ganze Schweiz vorrätig.

 

Beenden Sie den Satz: Die Schweizer Landwirtschaft ist auf eine gute Versorgung mit Mineraldünger angewiesen, weil…
…Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger für den Pflanzenbau essenziell sind.

Kommentare (1)

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  • David | 15.09.2022
    2016 wurde die Düngerproduktion in der Schweiz eingestellt. Aus welchen Gründen auch immer. Er sei auf dem Weltmarkt günstiger erhältlich.
    Wir hätten wahrscheinlich weniger Versorgungsprobleme, auch in anderen Banchen, zum Beispiel, Antibiotikaherstellung. Globalisierung sei Dank, nur damit sich einige bereichern können.

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