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„Habe ich noch nicht erlebt“: Ackerflächen an der Lippe stehen unter Wasser

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Beim Landwirt Rolf Heidhues stehen die Flächen unter Wasser: Wenn alles gut läuft, wachsen die Pflanzen auf den höher gelegenen Flächen gut heran (hinten im Bild) oder sie verkümmern wegen der Nässe (vorne).
Beim Landwirt Rolf Heidhues stehen die Flächen unter Wasser: Wenn alles gut läuft, wachsen die Pflanzen auf den höher gelegenen Flächen gut heran (hinten im Bild) oder sie verkümmern wegen der Nässe (vorne). © Heyn

Erst konnte Landwirt Rolf Heidhues seine Felder aufgrund es Hochwassers der Lippe nicht bestellen. Fast vier Monate später sind die Acker immer noch zu nass.

Lippborg – Bei einem Gang über die Felder versinken die Schuhe im Matsch und auf den Wasserflächen kräuselt sich der Regen. Landwirt Rolf Heidhues wollte seine Ackerflächen schon längst bestellen, bei der aktuellen Bodennässe ist das jedoch erst mal undenkbar.

„Habe ich noch nicht erlebt“: Ackerflächen an der Lippe stehen unter Wasser

Während rund um Weslarn in Bad Sassendorf schon viele seiner Kollegen die Felder gepflügt haben, sieht es in den Gebieten an der Lippe (NRW) anders aus. Bei rund fünf Prozent seiner Flächen gäbe es einen Totalausfall, so Heidhues. Er bewirtschaftet den Familienbetrieb gemeinsam mit der Unterstützung seiner Eltern und eines Auszubildenden. Es ist ein typischer Mischbetrieb: Neben 160 Milchkühen mitsamt Aufzucht der Bullen und Rinder und 450 Schweinen gehören dem Betrieb 60 Hektar Grünland und 110 Hektar Ackerflächen.

Im vergangenen Herbst hat Heidhues Winterroggen gesät, dann kam das Hochwasser der Lippe zum Jahreswechsel – die Pflanzen standen so unter Wasser, dass sie keinen Sauerstoff mehr erhielten und wortwörtlich „erstickt“ seien, erklärt Heidhues. Während sich die Pflanzen an den höher gelegenen Stellen gut entwickeln, sammelt sich in den Senken weiterhin das Wasser. Die Felder hätten in der Folge neu bestellt werden müssen.

Für einen guten Ertrag hätte Getreide schon Ende Februar bis Anfang März auf die Felder gemusst

Geplant hatte Heidhues deshalb den Anbau von Sommergetreide: Damit sich allerdings noch ein guter Ertrag ergibt, hätten die Pflanzen Ende Februar bis Anfang März auf die Felder gemusst. „Das hat noch nicht geklappt, weil es die ganze Zeit regnet“, berichtet Heidhues. „Ich mache das schon seit 20 Jahren, aber dass es so lange am Stück nass ist, habe ich noch nicht erlebt.“ Eines der Felder ist deshalb seit dem Hochwasser leer geblieben.

Der Ausfall der Ernte hat auch Folgen für den Viehbetrieb: Weil Heidhues kein Sommergetreide für die Tiere anbauen konnte, muss er Futter dazukaufen. Deshalb setzt der Lippborger jetzt auf den Maisanbau. Der soll, sobald es trockener wird, Ende April, Anfang Mai auf die Felder – zumindest auf die Flächen, die gut zugänglich sind.

Böden sind für Arbeiten mit schwerem Gerät zu nass

Denn während beim Feld nahe der Lippe der ganze Acker gepflügt werden muss, wäre eine Aussaat auf den nassen Flecken der bereits bestellten Felder mit großem Aufwand verbunden. „Die Böden sind kaum befahrbar“, sagt Heidhues. Hier mit schwerem Gerät zu arbeiten, würde zu weiteren Schäden führen. Außerdem wird das Getreide zu unterschiedlichen Zeitpunkten reif, der Erntezeitpunkt läge zu weit auseinander, so Heidhues.

„Die Böden sind völlig übersättigt“: Bei Befahren der Felder mit schwerem Gerät hinterlassen die Fahrzeuge deutliche Spuren – und Schäden.
„Die Böden sind völlig übersättigt“: Bei Befahren der Felder mit schwerem Gerät hinterlassen die Fahrzeuge deutliche Spuren – und Schäden. © Heyn, Katharina

Beim Maisanbau ergäben sich jedoch wieder andere Probleme: Aufgrund von EU-Richtlinien kann der Landwirt auf den Flächen in diesem Jahr nicht mehrmals Mais aussäen – auch wenn es erneut viel Niederschlag geben sollte und ein Anbau von Getreide im Herbst unmöglich bleibt.

Wurde einmal Mais angebaut, kann im nächsten Jahr nicht wieder Mais gepflanzt werden

Grund ist, dass aus Naturschutzgründen die Artenvielfalt gefördert werden soll. „Die EU gibt vor, wie viel man von etwas anbauen darf. Aber gerade in Extremjahren sollte der Landwirt das Entscheiden“, sagt Heidhues. „Grundsätzlich sind die Regelungen gut gedacht, aber oft zu starr umgesetzt. Landwirtschaft findet nicht im Büro statt.“

Sorgen bereitet dem Landwirt auch die ausgebuchte Auftragslage: Damit Gülle auf die Felder kommt, beauftragt Heidhues ein Lohnunternehmen – da jedoch viele Landwirte der Region bei Trockenheit alle gleichzeitig die Pflanzen auf die Felder bringen wollen, muss Heidhues hoffen, in der Auftragsliste weit oben zu stehen. Denn je länger er wartet, umso geringer fällt die Ernte aus. „Es ist ein Geduldsspiel. Sät man zu früh aus, könnten die Pflanzen wieder ertrinken“, sagt Heidhues. Wenn alles gut läuft, will er am 20. April mit der Aussaat beginnen.

Erst im Frühjahr protestierten im Kreis Hunderte Landwirte gegen die Politik der Bundesregierung und legten den Verkehr lahm. Doch nicht alle Landwirte wollten sich an der Protestaktion gegen die Politik beteiligen.

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