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„Lebensgefährliches Grün“: Die Tücken der Bedarfsampeln

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Keine Seltenheit: Die Fußgängerampel am Stadtpark zeigt bereits „Grün“, und auch ein Autofahrer fährt bei „Rot“ durch. Familie Witte und ihre Nachbarn haben längst ihren Kindern eingeschärft, bloß nicht blind der grünen Ampel zu vertrauen.
Keine Seltenheit: Die Fußgängerampel am Stadtpark zeigt bereits „Grün“, und auch ein Autofahrer fährt bei „Rot“ durch. Familie Witte und ihre Nachbarn haben längst ihren Kindern eingeschärft, bloß nicht blind der grünen Ampel zu vertrauen. © Dahm

SOEST - Wie gefährlich sind Bedarfsampeln? Glaubt man Familie Witte, droht an ihnen Lebensgefahr pur. Täglich passieren die Wittes mit ihren Kindern die Ringstraße an der großen Kreuzung vor Blumen Risse.

„Mindestens einmal im Monat würden wir dort abgeschossen, wenn wir nicht trotz Grüns stehenbleiben würden“, sagt Tilman Witte.

Wer als Autofahrer nämlich aus Richtung Westen kommt und nach rechts in Richtung Sassendorf abbiegt, hat mit der eigentlichen Ampel auf dieser Kreuzung nichts zu tun. Er fädelt sich in die Extra-Spur nach rechts ein und kann durchrauschen. Manche Autofahrer schauen dann eher auf die Autos auf der Paderborner Landstraße, um sich hier zügig einfädeln zu können.

Doch im Knick steht eine Bedarfsampel. Sie springt nur an, wenn ein Fußgänger oder Radfahrer auf den Knopf gedrückt hat, und leuchtet dann „Gelb“ und „Rot“. „Doch das bekommen viele Autofahrer nicht mit“, schildert Witte und berichtet: „Erst diese Woche hat es meine Frau wieder erlebt; sie als Radfahrerin hatte Grün. Doch der Autofahrer, der einfach durchpreschte, hatte das Rotlicht übersehen, weil er vermutlich gar nicht damit gerechnet hat.“

„Das Problem kennen wir“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Lückenkemper. Doch es betreffe nicht die Kreuzung am Stadtpark im Besonderen, sondern alle Behelfsampeln, die die meiste Zeit kein Lichtsignal geben, sondern nur im Bedarfsfall auf „Rot“ springen.

„Im Prinzip finden Sie das auch an jeder Fußgängerampel“, sagt Lückenkemper. Hundertmal kommt man als Autofahrer an der Ampel vorbei und kein Licht leuchtet; dann beim 101. Mal zeigt die Ampel plötzlich „Rot“.

Die Gefahr entsteht, wenn Autofahrer wie an der Ringstraße „nur“ auf Autos achten und dabei Fußgänger, Radfahrer und die im Fall des Falles auf Rot springende Ampel ignorieren.

Tilman Witte hat vergeblich versucht, bei Polizei und der Straßenbaubehörde eine Korrektur zu verlangen. „Sie verweisen darauf, dass es hier noch nie einen schweren Unfall gegeben hat, doch ich sehe eine permanente Gefahr für meine Kinder und mich“, sagt Witte. Längst hat er seinen Kindern eingeschärft, bloß nicht blind auf das Grünlicht für Radfahrer zu vertrauen: „Ihr müsst erst nach links und rechts schauen!“

Für Straßen NRW sind solche Fälle immer eine Abwägungssache, sagt Abteilungsleiter Rainer Schütte: Auf der einen Seite bemühe man sich um Sicherheit, auf der anderen um Verkehrsqualität, also zügiges Vorankommen. Schütte: „Wenn ich alles 100-prozentig sicher machen würde, bliebe alles stehen.“

Immerhin hat Straßen NRW nach ersten Hinweisen aus der Bevölkerung die Ampeln neu „eingedreht“, so dass die Signallichter nun noch besser für die Autofahrer zu erkennen sind.

Zudem sind hier neue LED-Lichter eingebaut worden, die heller strahlen, und die Bäume zurückgeschnitten worden, damit Autofahrer freie Sicht auf Fußgänger, Radfahrer und eben die zwei Bedarfsampeln links und rechts der Straße haben. - hs

Kurz „Gelb“, dann „Rot“

Regelmäßig treffen sich Verkehrsfachleute von Polizei, Stadt Soest, Kreisverwaltung und Straßen NRW, um als „Unfallkommission“ nach gefährlichen Punkten Ausschau zu halten und Abhilfe zu schaffen. Die Kreuzung am Stadtpark war dort noch nicht Thema, berichten Teilnehmer. Denn Themen werden oft erst gesetzt, wenn es zu spät ist, also bereits Unfälle passiert sind. Beim Lokaltermin gestern an der Kreuzung fiel immerhin auf, dass die Gelbphase der Ampel ungewöhnlich kurz ist. Danach springt das Signal für die Rechtsabbieger flugs auf „Rot“ und das für die Fußgänger und Radfahrer auf „Grün“. So ist denkbar, dass mancher Autofahrer nur deshalb nicht stoppt, weil er noch genügend Zeit bei „Gelb“ wähnt und deshalb nicht abbremst. Mindestens dies sollte von den Verkehrsbehörden überprüft werden. Eine längere Gelbphase und zwei, drei Sekunden mehr bis zum „Grün“ für die Fußgänger und Radfahrer könnten die brenzligen Situationen entschärfen, ohne dass Autofahrer auf Komfort und Qualität beim zügigen Rechtsabbiegen verzichten müssten. - hs

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