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Heftige Ausschreitungen Südafrika will 25.000 weitere Soldaten mobilisieren

Die schweren Unruhen in Südafrika scheinen vorerst beendet, 72 Menschen sollen gestorben sein. Die Regierung will die Militärpräsenz aber noch weiter verstärken. Außerdem lähmen Versorgungsengpässe das Land.
Soldaten der südafrikanischen Armee im Township Alexandria in Johannesburg

Soldaten der südafrikanischen Armee im Township Alexandria in Johannesburg

Foto: KIM LUDBROOK / EPA

Mit einem der größten Militäreinsätze seit Bestehen seiner jungen Demokratie will Südafrika die seit Tagen andauernde Gewalt in Teilen des Landes eindämmen. Nach einer Woche der Plünderungen und Brandstiftungen sollen nun zusätzlich zu den bereits mobilisierten 5000 Soldaten weitere 25.000 Militärangehörige zum Einsatz kommen. Alle verfügbaren Reservisten erhielten einen Marschbefehl, hieß es in einer Erklärung der Armee. Sie sollten sich am Donnerstag mit all ihrer Ausrüstung bei ihren Einheiten melden. Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula hatte am Mittwochabend das Parlament über den geplanten Einsatz informiert, wie sie dem TV-Sender eNCA sagte. Präsident Cyril Ramaphosa muss ihn noch billigen.

Obwohl es noch vereinzelte Hinweise auf Plünderungen gab, setzten am Donnerstag an vielen Orten die Aufräumarbeiten ein. Erste Schätzungen gehen von einem Schaden in dreistelliger Millionenhöhe aus. Offiziell sprechen die Behörden weiter von 72 Toten und zahlreichen Verletzten. Auf TV-Bildern eines geplünderten Baumarkts in Pietermaritzburg war die Bergung mehrerer Leichen zu sehen – Augenzeugen sprachen von mindestens sieben weiteren Toten.

Lange Schlangen vor Tankstellen

Die von Präsident Ramaphosa angekündigten Versorgungsengpässe machten sich in dem bei Johannesburg gelegenen Township Alexandra, aber auch der Hafenstadt Durban bemerkbar. Dort gab es kilometerlange Schlangen vor noch offenen Tankstellen. Nach Prügeleien um das knappe Benzin sicherten Soldaten den Ort. Auf Luftbildern waren zudem lange Warteschlangen von mehr als hundert Metern vor den noch offenen Lebensmittelgeschäften zu sehen.

DER SPIEGEL

Polizeiminister Bheki Cele hatte am späten Mittwochabend in einem Vorort von Durban vor laufender Kamera den Fund Zehntausender Schuss scharfer Munition bekannt gegeben. Dem TV-Sender Newzroom Africa sagte er: »Einige Leute bereiten sich auf einen Krieg vor.« Es sei falsch, dass Menschen nur aus Hunger plünderten – einige bewaffneten sich auch. »Eine gefährliche Situation«, sagte er ohne weitere Erklärung. In dem Vorort Phoenix wurden nach offiziellen Angaben 15 Menschen bei Spannungen mit der indischstämmigen Bevölkerung getötet – Cele sprach dort von »hässlichen Szenen«.

Proteste begannen nach der Inhaftierung von Ex-Präsident Zuma

Die Provinz KwaZulu-Natal an der Ostküste sowie das Ballungsgebiet um die Großstädte Johannesburg und Pretoria in der Gauteng-Provinz sind besonders schwer von der Gewalt betroffen. Die Regierung mobilisierte das Militär, weil die Polizei den Plünderern zahlenmäßig unterlegen war. Mittlerweile formieren sich auch zivile Bürgerwehren und Nachbarschaftsgruppen. Auch die einflussreichen Taxi-Gesellschaften versuchen nun, Übergriffe auf wichtige Infrastruktur zu verhindern. Auch Kliniken, Drogerien und sogar Schulen wurden zuvor offenbar angegriffen.

Begonnen hatten die Krawalle mit Protesten gegen die Inhaftierung des aus KwaZulu-Natal stammenden Ex-Präsidenten Jacob Zuma. Der musste vor einer Woche eine 15 Monate lange Haftstrafe wegen Missachtung der Justiz antreten. Die Proteste entwickelten sich innerhalb kurzer Zeit zu großflächigen Ausschreitungen. Das Militär soll nun vor allem in den beiden betroffenen Provinzen eingesetzt werden. Mit insgesamt 30.000 mobilisierten Soldaten würde nach Ansicht des Militärexperten Darren Olivier die gesamte Streitmacht des Kap-Staates aufgeboten. Unklar ist daher, ob sich Südafrika wie geplant an einer Hilfstruppe des regionalen Staatenbündnisses SADC für die Terrorbekämpfung im Nachbarstaat Mosambik beteiligen kann.

fek/lau/dpa/AFP