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Erbitterter Kampf Russland hat Ost-Bachmut offenbar weitgehend eingenommen

Die Söldnertruppe Wagner ist laut dem britischen Militär bis zum Ostufer des Flusses im Zentrum von Bachmut vorgedrungen. Deren Chef nutzte die Lage sofort für ein Propagandavideo in eigener Sache.
Ein ukrainischer Panzer nahe der Frontlinie von Bachmut

Ein ukrainischer Panzer nahe der Frontlinie von Bachmut

Foto: ARIS MESSINIS / AFP

Die russische Söldnertruppe Wagner hat offenbar den Osten der seit Monaten umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut größtenteils unter ihre Kontrolle gebracht. Das berichteten Experten des britischen Militärs am Samstag. Der Fluss Bachmutka, der durchs Stadtzentrum fließt, sei nun die Frontlinie.

Inzwischen sei ein Streifen von 200 bis 800 Metern entlang des Flusses zu einer »Todeszone« geworden, hieß es weiter im Bericht des britischen Verteidigungsministeriums. Das offene Gelände werde von den ukrainischen Verteidigern, darunter Scharfschützen, aus befestigten Gebäuden beschossen. Sollten die russischen Kräfte weiter vordringen wollen, müssten sie wohl mit schweren Verlusten rechnen, hieß es.

Die ukrainische Armee hält demnach weiterhin den Westen der Stadt und hat wichtige Brücken über den Fluss zerstört. Die Stadt im Osten der Ukraine mit einst mehr als 70.000 Einwohner ist symbolisch wichtig und seit Monaten umkämpft. Fällt die Stadt, würde sich für die russischen Truppen der Weg zu den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk öffnen und eine vollständige Eroberung des Gebiets Donezk näherrücken.

Vorrücken auf befestigte Industrieanlage

Kremlfreundliche Telegram-Kanäle behaupteten am Freitag, dass russische Streitkräfte in die Metallverarbeitungsanlage des AZOM-Werkes im Nordwesten Bachmuts eingedrungen seien. Eine in Washington ansässige Denkfabrik berichtete am späten Freitag mit Berufung auf entsprechend lokalisierbare Aufnahmen, dass sich die russischen Streitkräfte dem befestigten Komplex bis auf 800 Meter genähert hätten.

Russland versucht, die Ukrainer weiterhin mit einer Art Zangenbewegung in Bachmut einzukesseln. Laut den britischen Militärexperten droht der ukrainischen Armee auch weiter von Norden und Süden der Bergbaustadt aus Gefahr. Demnach sind die Nachschubwege dort weiterhin anfällig für russische Attacken.

Wagner-Chef dreht Propagandavideo in zerstörter Stadt

Der Chef der russischen Söldnertruppe, Jewgeni Prigoschin, nutzte die aktuelle Lage für ein auf Telegram veröffentlichtes Propagandavideo aus Bachmut. Er benötige pro Monat etwa 10.000 Tonnen Munition für den Kampf um die Stadt, sagte Prigoschin in den Aufnahmen, und forderte die Lieferung von Artilleriegeschossen und Patronen.

Der Wagner-Chef versicherte weiterhin, niemand in Moskau müsse Bedenken haben, dass er politische Ambitionen hege. Deshalb sollten ihm auch ohne Vorbehalte die geforderten Mengen Munition geliefert werden . In einer absurden Szene des Propagandafilms kündigte Prigoschin unter hörbarem Gefechtsfeuer an, nächstes Jahr bei der Präsidentenwahl zu kandidieren – allerdings nicht in Russland, sondern »in der Ukraine«. (Lesen Sie hier mehr über den Munitionsmangel  auf russischer und ukrainischer Seite.)

Das Video wurde auf einem prorussischen Telegram-Kanal mit mehr als 100.000 Abonnentinnen und Abonnenten veröffentlicht. Angeblich zeigt das Video ihn auf dem Dach eines Hauses der weitgehend zerstörten Stadt rund 1,2 Kilometer vom Verwaltungszentrum entfernt, das von ukrainischen Truppen gehalten wird.

hpp/ap/dpa