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Schönes Ding: BMW Z22 Bahnbrechende Abscheulichkeit

Die Automobilgeschichte ist voll von irren Studien, die erst begeisterten und dann verschwanden. Der SPIEGEL zeigt die gewagtesten Visionen. Diesmal: ein hässlicher BMW, vollgestopft mit Gimmicks aus der Autozukunft.
Vor 20 Jahren fuhr die BMW Technik GmbH diesen Technologieträger vor. Im Auto steckten nach Herstellerangaben 131 Neuerungen.

Vor 20 Jahren fuhr die BMW Technik GmbH diesen Technologieträger vor. Im Auto steckten nach Herstellerangaben 131 Neuerungen.

Foto: BMW

"Der Z22: Das superleichte Mechatronic Auto" - so pries BMW vor 20 Jahren ein Konzeptfahrzeug, das eigentlich überhaupt nicht zur Marke passte. Schließlich pflegten die Bayern ihr Image von Sportlichkeit und Rasanz mit Hingabe, beim Z22 aber waren diese Werte nicht wichtig: "Mit 70 Innovationen und 61 Erfindungsmeldungen" setze der Wagen neue Maßstäbe, hieß es in der damaligen Pressemitteilung zur Premiere der "Machbarkeitsstudie".

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BMW Z22 - Rein technisch ein schönes Ding

Foto: BMW

BMW hatte den Wagen als Geschenk an sich selbst entwickelt: Im Juli 2000 feierte die BMW Technik GmbH ihr 15-jähriges Bestehen. Das Tochterunternehmen des Münchner Autoherstellers war 1985 als Denkfabrik für die Mobilität der Zukunft gegründet worden. Der Z22 sollte einerseits auf das Jubiläum aufmerksam machen, andererseits demonstrieren, welche Technologien die Bayerischen Motoren Werke in der Entwicklungspipeline hatten.

Es kam eine stattliche Liste zusammen. Unter anderem steckten im Z22 "steer-by-wire"- und "brake-by-wire"-Technik, also elektronische Lenk- und Bremssysteme; dazu gab es anstelle eines Zündschlüssels einen Fingerabdruckscanner, um den Motor zu starten. An Bord waren außerdem ein Head-up-Display, ein Monitor anstelle des klassischen Rückspiegels, ein weiterer Monitor auf der Armaturentafel für nahezu alle Bedienfunktionen, ein rechteckiges Multifunktionslenkrad, ein stufenloses Automatikgetriebe, Seitenkameras und adaptive Scheinwerfer, die den Lenkradbewegungen folgten.

Karbon-Bauteile senkten Gewicht um ein Drittel

Die komplette Fahrgastzelle bestand aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, die Bodengruppe aus Leichtmetall-Kombinationen. Zwar verschwieg BMW das genaue Gewicht der Studie, doch Vergleiche mit Serienautos, die genannt wurden, legen nahe, dass der Z22 ungefähr eine Tonne wiegt - und damit gut 500 Kilogramm weniger als beispielsweise ein BMW 5er aus der damaligen E39-Baureihe.

Das Auto war voll funktionsfähig und fahrbereit. Als Antrieb war ein Vierzylinder-Benziner mit einer Leistung von 136 PS installiert, als Durchschnittsverbrauch gab BMW 6 Liter je 100 Kilometer an. Ein Standardmotor also. Ganz und gar nicht Standard war das Design des Z22. Die dunkelgrün-metallic lackierte Karosserie bot aufgrund des großen Radstands und der ultrakurzen Überhänge vorn und hinten zwar großzügige Platzverhältnisse für die Insassen, sah jedoch aus wie ein ungelenk gestalteter Minivan. In der Pressemitteilung zum Auto hieß es lediglich: "Das Exterieurdesign hatte bei diesem Prototyp keine Priorität." Alles andere wäre auch besorgniserregend gewesen.

Die technischen Ideen jedoch, vor denen der Wagen geradezu überquoll, gelangten in großer Zahl in die Serienfertigung. Das Lenksystem etwa wurde ab 2003 unter der Bezeichnung "Integral Active Steering" erstmals für den neuen BMW 5er (E60) angeboten. Karosseriebauteilen aus Karbon probierte BMW erstmals in der Kleinserie M3 GTR im Jahr 2001 aus, der Sportwagen fuhr mit einem Dach, einer Motorhaube, einem Heckflügel sowie Front- und Heckschürze aus Karbon vor. Eine komplette Karbonkarosserie (auf einem Alu-Fahrschemel) ging dann erstmals ab 2013 mit dem Elektroauto i3 in Serie.

Noch heute gilt der Z22 als aufwendigster und umfassendster Technologieträger, der bislang bei BMW entstanden ist. Das Auto befindet sich derzeit - fachgerecht eingelagert - im BMW-Depot in München.

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Schönes Ding: Die skurrilsten Auto-Designstudien

Foto: FCA