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Fassbrause Biergeschmack ohne Alterskontrolle

Erfrischend herb, nicht so süß, so erinnern sich vor allem Ostdeutsche an Fassbrause. Heute vermarkten Getränkehersteller sie als alkoholfreie Alternative mit leichten Bieranklängen. Verbraucherschützer warnen: Kinder werden so an den Geschmack gewöhnt.
Genau hinschauen: Manche dieser Fassbrausen enthalten alkoholfreies Bier

Genau hinschauen: Manche dieser Fassbrausen enthalten alkoholfreies Bier

Foto: OBS

Holger W. war auf der Suche nach einer klassischen Brause: spritzig, würzig, erfrischend. Beim Discounter entdeckte er "Fassbrause Zitrone" und griff zu. Was dann kam, war unerwartet: Die Brause schmeckte nach Bier. Bei genauem Hinsehen entdeckte W. auf der Flasche den Hinweis, dass das Getränk zu einem Drittel aus alkoholfreiem Bier besteht. "Ich finde das unter dem Aspekt der Kennzeichnungspflicht ein Unding", sagt der Mann aus Jena.

Die meisten Menschen im Osten Deutschlands assoziieren mit Fassbrause ein alkoholfreies Getränk aus Limonade und Malz, frisch gezapft. In dieser Form findet man das Getränk heute allerdings nur noch selten. Dagegen erlebt die Fassbrause im Westen der Republik eine Renaissance, als eine Art Radler oder Alsterwasser aus Limonade und alkoholfreiem Bier. Die Verwirrung ist groß.

"Bei einer Brause erwarten Verbraucher zu Recht ein - vielleicht nicht besonders empfehlenswertes, aber harmloses - Erfrischungsgetränk, das auch für Kinder oder Menschen, die auf Alkohol verzichten möchten oder müssen, geeignet ist", schreiben die Verbraucherzentralen einer Kundin, die sich beim Verbraucherportal "Lebensmittelklarheit" über die neuen Fassbrausen beschwert hat . Problematisch sei vor allem, dass sich auf der Flaschenvorderseite kein Hinweis auf den Biergehalt findet. Die Brauerei, welche das Getränk vermarktet, hält die Kennzeichnung auf der Flaschenrückseite für ausreichend.

Getränk gewöhnt Kinder an Biergeschmack

Alkoholfreies Bier enthält in der Regel noch etwas Restalkohol - laut Gesetz maximal 0,5 Prozent. In Fruchtsäften kann durch natürliche Gärung sogar doppelt so viel Alkohol entstehen. Der Alkoholgehalt selbst stellt für Kinder daher kein Risiko dar, das Problem ist ein anderes: "Zwar sind bei Kindern keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten, aber sie können schon frühzeitig an Biergeschmack gewöhnt werden", berichtet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen . Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät davon ab , Kindern Getränke mit Biergeschmack zu geben.

Erstmals in der neuen Form zusammengebraut wurde die moderne Fassbrause 2010 in Köln mit alkoholfreiem Kölsch. Der Umsatz steigt rasant. Inzwischen sind zahlreiche Marken in das Geschäft eingestiegen. Das Getränk gibt es wie Limonaden in verschiedenen Geschmacksrichtungen von Apfel bis Holunder. Dass die Brauereien die alkoholfreien Radler als Fassbrausen vertreiben, lässt sich wohl nicht verbieten: Nirgendwo ist festgeschrieben, welche Zutaten ein Getränk mit diesem Namen enthalten muss.

Fassbrause sollte von Anfang an nach Bier schmecken

Betrachtet man die Geschichte der Fassbrause, führen die neuen Sorten alte Traditionen fort: Von Anfang an war der Begriff Fassbrause irreführend, denn im Gegensatz zu einer klassischen Brause, die ihren Geschmack durch zugesetzte Aromastoffe erhält, befanden sich in dem Getränk Früchte. Damit hätte es streng genommen als Limonade bezeichnet werden müssen.

Auch der neue Geschmack würde dem Erfinder der Fassbrause vermutlich gefallen: Herumgesprochen hat sich, dass der Chemiker Ludwig Scholvien 1908 in Berlin zu Wasser, Malz und einem Konzentrat aus Äpfeln und Süßholzwurzeln griff, um seinem Sohn ein Getränk zu brauen, das wenig Alkohol enthält, aber ähnlich schmeckt wie Bier. Das genaue Rezept ist öffentlich nicht bekannt.

Besser als Cola, aber kein Durstlöscher

Was die Kalorien- und damit auch die Zuckermenge angeht, schneidet die neue Fassbrause gut ab. Zum Vergleich: 100 Milliliter Cola enthalten etwa 40 Kilokalorien (etwa 170 Kilojoule) und etwa zehn Gramm Zucker, ähnlich wie das geschmacklich ebenfalls an Bier erinnernde Malzbier. Fassbrause mit einem Drittel alkoholfreiem Bier dagegen hat ungefähr 25 Kilokalorien (etwa 105 Kilojoule) und sechs Gramm Zucker - in etwa so viel wie eine Apfelsaftschorle aus dem Getränkehandel.

Als regelmäßiger Durstlöscher sind Fassbrausen ähnlich wie andere Limonaden, Nektare oder zuckerhaltige Eistees und Kaffeegetränke laut DGE dennoch nicht geeignet . "Zuckergesüßte Getränke sollten generell nur in geringen Mengen getrunken werden, denn sie enthalten viele Kalorien und können zur Entstehung von Übergewicht beitragen", schreiben die Ernährungsexperten. Stattdessen empfehlen sie als Durstlöscher im Sommer Wasser und ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Fruchtsaftschorlen aus einem Teil Saft und drei Teilen Wasser seien "akzeptabel" und lieferten Vitamine und Mineralstoffe.

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