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Schulschwänzer und Schulstart Kampf dem Blaumachen

Die Ferien sind vorbei, doch viele juckt das nicht: Täglich schwänzen geschätzt 200.000 Schüler. Einige Ländern verhängen Bußgelder, andere schicken ihre Schüler ins Gefängnis oder bestrafen die Eltern. Das hiflt nichts, sagen Experten. Die Schüler seien einfach sensibel und bräuchten Zuwendung.
Hinweisschild: Schule schwänzen ist blöd - und in manchen Bundesländern strafbar

Hinweisschild: Schule schwänzen ist blöd - und in manchen Bundesländern strafbar

Foto: Z1004 Peer Grimm/ dpa

Nach den großen Ferien finden es viele Schüler wenig reizvoll, wieder in die Schule zu gehen - und machen deswegen blau. Sehr viele sogar: Jeden Tag schwänzen rund 200.000 Schüler den Unterricht, schätzt Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Je nach Bundesland wären das immerhin ein bis zwei Prozent der Schüler.

Glaubt man dem Bildungsgewerkschaft GEW, könnten es sogar noch mehr sein: Sie schätzt, dass rund zehn Prozent der zwölf Millionen Schüler regelmäßig fehlen. Es bleibt allerdings bei diesen Schätzungen, belastbare Zahlen gibt es bundesweit nicht.

Trotz sinkender Schülerzahlen, machten seit Jahren etwa gleich viele Schüler blau, sagt Präsident Kraus. Und er vermutet eine hohe Dunkelziffer, zumal Eltern in vielen Fällen das unentschuldigte Fehlen ihrer Kinder deckten.

Zwischen drei und sechs Prozent, je nach Schulform und Alter, gälten als "harte" Schulschwänzer, sagt Marianne Demmer von der GEW. Vor allem die älteren Schüler ab zwölf blieben gern dem Unterricht fern. Die Gründe für das unentschuldigte Fehlen reichten von Krankheit, Schulangst, Überdruss, Vernachlässigung durch die Eltern und pubertätsbedingte Verweigerung.

Für Schwänzen in den Knast

Seit Jahren versuchen die Bundesländer, das Schuleschwänzen zu verhindern: durch Elterngespräche, Bußgelder und auch durch die Polizei. In NRW beispielsweise werden Schüler erst ermahnt, dann folgt ein schriftlicher Verweis. Hilft auch das nicht, können Lehrer den Schüler aus der Klasse oder gar der Schule verweisen. Als letztes Mittel gilt der Verweis von allen öffentlichen Schulen des Landes.

In Sachsen und Thüringen drohen hartnäckigen Schulschwänzern Geldstrafen: von fünf Euro beim ersten Verstoß bis zu 1500 Euro bei konstantem Blaumachen. Wer nicht zahlen könne oder wolle, müsse die Strafe im Gefängnis absitzen, sagte eine Sprecherin der Stadt. Wer in Sachsen die Schule schwänzt, muss ab dem fünften Fehltag im Schulhalbjahr mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen. Darüber hinaus kann gegen den Schüler eine Arreststrafe verhängt werden. Derzeit säßen vier Schüler wegen Schulschwänzens im Gefängnis, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.

Anders ergeht es Schulschwänzern in Niedersachsen und Bremen: Sie versuchen durch spezielle Programme, Schulverweigerer zu motivieren. Wenn beispielsweise in Bremen ein Schüler durch Schwänzen auffällt, meldet der Schulleiter dies einem der vier Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren. Sie treffen den Schüler und deren Eltern dann zum Gespräch oder sie organisieren Unterricht in kleineren Gruppen, eine betreute Beschäftigung in Werkstätten oder auf einer Tierfarm. Das Programm scheint zu wirken: Die Zahl der Verweigerer in Bremen ging seit Einführung des Programms deutlich zurück auf konstant etwa 500 Schüler im Jahr.

Schlimmer als Schwarzfahren

Die von der Politik geforderten Pauschalstrafen für Schulverweigerer und ihre Familien lehnt Lehrerverbandschef Kraus ab. Schulschwänzen sei bei rund 50 Prozent aller Fälle psychologisch bedingt: durch Mobbing, Angst vor Mitschülern oder vor Prüfungen. Maßnahmen wie Bußgelder seien da wirkungslos. Auch einen vorläufigen oder gar dauerhaften Ausschluss aus der Schule lehnt er ab: "Für viele Schulschwänzer wäre das eine Belohnung."

Eine Bestrafung der Eltern hält der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne für "überhaupt nicht zielführend". Wenn die Kinder bereits unter überforderten Eltern litten, werde das Leid nur noch größer, sagte er. Bei den Schulverweigerern handele es sich oft um besonders sensible Jugendliche, die im Unterricht oft über- oder unterfordert seien und Zuwendung bräuchten. Stattdessen sollten Eltern und Lehrer mit dem Kind sprechen, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Bundeselternrates, Ursula Walther. "Wenn Eltern wissen, dass ihr Kind die Schule schwänzt, müssen sie versuchen, die Ursachen herauszufinden."

seh/dapd