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Hochstaplerin Anna Sorokin »Gefängnis ist Zeitverschwendung«

Anna Sorokin gab sich als reiche Erbin aus und betrog Freunde und Geschäftspartner um viel Geld. Netflix zahlte ihr 320.000 Dollar für ihre Geschichte. Der »New York Times« sagte Sorokin jetzt, ob sich Verbrechen lohnt.
Anna Sorokin vor Gericht 2019: Als »falsche Erbin« erschwindelte sie sich mehr als 200.000 Dollar

Anna Sorokin vor Gericht 2019: Als »falsche Erbin« erschwindelte sie sich mehr als 200.000 Dollar

Foto: Mary Altaffer / AP

Sie gab sich als reiche Erbin aus, schlich sich in die New Yorker High Society ein und erschwindelte sich einen luxuriösen Lebensstil auf Kosten anderer: Die Betrügerin Anna Sorokin sitzt im Gefängnis – doch noch immer sucht sie offenbar die Öffentlichkeit. Anlässlich der Netflix-Serie »Inventing Anna«, die auf ihrem Fall basiert, gab sie der »New York Times«  ein Interview.

320.000 Dollar zahlte der Streamingdienst Sorokin für ihre Geschichte. Das Geld sei schon lange wieder weg, so die 31-Jährige. Rund 198.000 Dollar habe sie als Entschädigung gezahlt, der Rest sei für Anwaltskosten draufgegangen. In einem BBC-Interview im Jahr 2021 hatte Sorokin auf die Frage, ob sich Verbrechen lohne, geantwortet: »In gewisser Weise schon«. Diese umstrittene Antwort versuchte sie nun zu erklären.

Erneute Festnahme durch Einwanderungsbehörden

Bezogen auf ihre Situation habe sie nicht ehrlich Nein sagen können, denn sie sei ja bezahlt worden. »Wenn ich Nein sagen würde, würde ich nur das Offensichtliche leugnen«, so Sorokin. »Ich habe nicht gesagt, dass sich Verbrechen im Allgemeinen lohnt.«

Sorokin war im Jahr 2019 zu einer Freiheitsstrafe von vier bis zwölf Jahren verurteilt worden – kam allerdings bereits im Februar 2021 auf Bewährung frei, da sie sich ihre fast zweijährige Untersuchungshaft anrechnen lassen konnte. Wenige Wochen später nahmen Agenten der Einwanderungsbehörden sie fest, weil sie ihr Aufenthaltsrecht in New York verwirkt hatte, aber die USA nicht verließ. Statt abgeschoben zu werden, ging sie erneut ins Gefängnis und beantragte Asyl. Die Entscheidung steht noch aus.

Sie habe einen »Schock« bekommen, als sie verhaftet worden sei, sagte Sorokin nun der »New York Times«. Ihr sei zwar bewusst gewesen, dass es die Möglichkeit gebe, aber die Einwanderungsbehörden hätten ihr zuvor mitgeteilt, kein Interesse an ihr zu haben. Gefängnis halte sie für »Zeitverschwendung und nicht effizient«, so Sorokin. Ihre Einschätzung begründete sie so: »Es gibt Programme für Drogenabhängige und Sexualstraftäter sowie für gewalttätige Häftlinge. Aber es gibt absolut nichts für Finanzdelikte.« Sie habe dann ein Programm für »kulinarische Künste« absolviert.

Dokumentarfilm, Buch, Podcast

Langweilig wird Sorokin vermutlich trotzdem nicht, sie arbeitet nach eigenen Angaben an mehreren Projekten: einem Dokumentarfilm, einem Buch und einem Podcast. Trotzdem wolle sie ihre Vergangenheit nicht verherrlichen, behauptet Sorokin: »Ich versuche nicht, Menschen zu ermutigen, Verbrechen zu begehen. Ich versuche nur zu beleuchten, wie ich das Beste aus meiner Situation gemacht habe.«

Sorokin stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Sie ist die Tochter eines russischen Lastwagenfahrers. Als sie 16 Jahre alt war, zog die Familie nach Deutschland. 2016 kam Sorokin in die USA. Durch geschicktes Lügen und selbstbewusstes Auftreten gelang es ihr laut Staatsanwaltschaft zwischen November 2016 und August 2017 von verschiedenen Banken Kredite in Höhe von Zehntausenden Dollar zu erhalten, umsonst in Privatflugzeugen zu reisen und monatelang in Luxushotels im New Yorker Stadtteil Manhattan zu leben, ohne die Rechnungen zu begleichen.

Außerdem versuchte sie, eine Mischung aus Nachtklub und Kunstgalerie zu gründen und dafür 22 Millionen Dollar zu leihen, und setzte dafür gefälschte Dokumente ein. Ein einflussreicher Bauherr wollte ihr bereits ein Gebäude an der Park Avenue zur Verfügung stellen.

bbr