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Rekordwert Katholische Kirche meldet so viele Austritte wie nie

Die Gläubigen laufen zu Hunderttausenden davon: Die katholische Kirche verzeichnet für das vergangene Jahr knapp 360.000 Austritte. Die Reaktionen? »Zutiefst erschüttert«, »sehr schmerzhaft«, »nicht zu beschönigen«.
Kölner Dom

Kölner Dom

Foto: Oliver Berg/ picture-alliance/ dpa

Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten wie noch nie. 359.338 Katholiken kehrten ihrer Kirche allein 2021 den Rücken, wie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK)  in Bonn mitteilt. Das ist ein neuer Negativrekord: »Für uns ist das die bisher höchste Zahl«, sagte DBK-Sprecher Matthias Kopp. Die katholische Kirche zählt demnach noch 21.645.875 Mitglieder – das macht 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing zeigte sich »zutiefst erschüttert über die extrem hohe Zahl von Kirchenaustritten«. Die Zahl sei Zeugnis einer »tiefgreifenden Krise, in der wir uns als katholische Kirche in Deutschland befinden«, sagte er. »Es ist nichts schönzureden.«

Erzbistum Köln und die Causa Woelki

Die Querelen um Kardinal Woelki und seine mangelhafte Missbrauchsaufarbeitung haben offenbar auch die Austrittszahlen im Erzbistum Köln befeuert. Ende 2021 gehörten 1.805.430 Katholiken zum Erzbistum Köln. Das waren 63.137 weniger als im Jahr davor – 40.772 davon resultierten aus Kirchenaustritten.

Auch der Gottesdienstbesuch ging zurück. 2021 nahmen durchschnittlich 61.150 Personen an den Sonntagsgottesdiensten einschließlich der Vorabendmessen teil. Das entspricht nur noch rund 3,4 Prozent der Katholiken im Bistum. Insgesamt ist der Gottesdienstbesuch in der katholischen Kirche in Deutschland 2021 mit 4,3 Prozent zurückgegangen (2020: 5,9 Prozent). Die DBK führt dies vor allem auf die Coronapandemie und die Schutzmaßnahmen zurück.

Der Kölner Generalvikar Markus Hofmann reagierte betroffen auf die Entwicklung: »Der deutliche Anstieg der Austrittszahlen führt uns schmerzlich vor Augen, dass sich viele Menschen angesichts der derzeitigen Situation ganz bewusst von der Institution Kirche abwenden«, sagte er. Der »schmerzvolle Weg der Aufarbeitung und andere Krisen« hätten das Vertrauen vieler Menschen in die Kirche heftig erschüttert. Dies sei »besonders bitter«, weil gerade angesichts der Flutkatastrophe, der Flüchtlinge aus der Ukraine und der Coronakrise viele Menschen erleben könnten, was die Kirche leisten könne – »mit ganzem Herzen, aber auch personell und finanziell«.

Sorge im Erzbistum München-Freising

Auch im Erzbistum München ging die Zahl der Katholiken und Katholikinnen zurück. Im Jahr 2021 traten 35.323 Menschen aus, das waren 12.728 mehr als 2020. Es handelt sich um die höchste Austrittszahl seit Einführung der Kirchlichen Statistik in den 1970er-Jahren.

Zum 31. Dezember 2021 lebten auf dem Gebiet des Erzbistums rund 1,562 Millionen Menschen katholischen Glaubens im Erzbistum München (2020: 1,610 Millionen), was einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 40,6 Prozent (2020: 42 Prozent) entspricht.

Der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan, sagte, die Zahl der Kirchenaustritte sei »sehr schmerzhaft« und »nicht zu beschönigen«.

Als positiv stellte das Erzbistum heraus, dass sich die Zahl der Trauungen in München und Freising 2021 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt habe – auf 1555. Auch die Zahl der Taufen, Erstkommunionen und Firmungen sei deutlich gestiegen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing ist sich der Brisanz der Lage offenbar bewusst. »Insgesamt zeigt diese dramatische Zahl: Es gibt keine Selbstverständlichkeiten mehr für uns als katholische Kirche«, hieß es in einem Statement. »Wir müssen uns neu erklären, erläutern was wir tun und warum wir es machen. Die Skandale, die wir innerkirchlich zu beklagen und in erheblichem Maße selbst zu verantworten haben, zeigen sich in der Austrittszahl als Spiegelbild.«

ala/dpa/AFP