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Anglikanische Kirche Queen besorgt über Scharia-Streit

Queen Elizabeth II. ist erschüttert. Sie fürchtet, dass der Streit über den Vorschlag, Teile der Scharia in Großbritannien einzuführen, der anglikanischen Kirche schwer schadet. Die Autorität des Erzbischofs von Canterbury, der die Debatte ausgelöst hatte, sei bedroht.

London - Das Thema erregt die Briten - seit einer Woche debattiert das Land über die Ideenwelt des Erzbischofs von Canterbury, Rowan Williams. Das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche hatte angeregt, Teile des Scharia, des islamischen Rechts, auch in der islamischen Gesellschaft in Großbritannien zu erlauben.

Offiziell hat sich die Queen bisher nicht zu dem Streit geäußert, der massenhafte Rücktrittsforderungen gegen Williams zur Folge hatte. Der Buckinghampalast lehnt Stellungnahmen ab. Doch der "Daily Telegraph" berichtet, sie sei bestürzt. Einer Quelle im Palast zufolge hat sie im Streit selbst keine Position bezogen. Aber als Oberhaupt der anglikanischen Kirche sei sie tief betroffen, dass diese Auseinandersetzung überhaupt stattfindet - angesichts der schwierigen Situation, in der die Kirche sich derzeit ohnehin befindet. Die Frage, wie mit homosexuellen Geistlichen umgegangen werden soll und ob Frauen das Priesteramt ausüben dürfen, entzweit Gläubige und Bischöfe. Beobachter halten sogar eine Spaltung der Kirche für möglich.

Die Queen nimmt ihre Aufgabe als oberste Chefin der Kirche sehr ernst. Laut "Telegraph" berichtete die Quelle am Hof, die Königin befürchte, dass die aktuelle Debatte die Autorität der Kirche schwer schwächen könnte. Aus anderer Quelle aus dem königlichen Umfeld heiße es, man bewerte die ganze Angelegenheit als nicht sehr geschickt behandelt.

Das räumt Rowan Williams selber auch so ein. Allerdings bleibt er auch angesichts des Streits bei seinem Vorschlag. Anfang der Woche versuchte er auf der Generalsynode der Kirche von England seine Position zur Scharia genauer zu erklären: Er wolle auf keinen Fall ein paralleles Rechtssystem einführen. Er trage die volle Verantwortung für das Gesagte und für jedes Missverständnis, das sich aus seinen Worten ergeben habe. Er habe damit für Sorgen und Ärger bei der Bevölkerung allgemein und besonders bei seinen christlichen Glaubensbrüdern gesorgt, räumte er ein.

Den Mitgliedern der Synode sagte er, seine Worte seien zum Teil aus dem Kontext gerissen worden. Seine eigentliche Aussage bedauert er bis heute nicht. "Ich glaube ganz stark daran, dass es für einen Pastor der Kirche von England nicht unangebrtacht ist, Themen anzusprechen, die wichtige Anliegen anderer religiöser Gemeinschaften seien. Großbritannien könne durchaus Zugeständnisse an das traditionelle islamische Recht machen, ohne die Rechte der Briten zu beschneiden, erklärte Williams.

Williams hatte vor einer Woche in einem Radio-Interview die Einführung von Teilen der Scharia als "unvermeidlich" bezeichnet, um den sozialen Zusammenhalt im Königreich zu stärken. Damit war er auf breite Ablehnung in Großbritannien gestoßen. Die britische Boulevardpresse zeigte Bilder von Enthauptungen und warnte vor einem gefährlichen Zeichen der Schwäche gegenüber islamischen Extremisten.

ler