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Streit über Optionspflicht Union knickt beim Doppelpass ein

Überraschende Wende beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft: Der SPD ist es gelungen, den strikten Gesetzentwurf von Innenminister de Maizière zugunsten von Einwandererkindern aufzuweichen. Die Sozialdemokraten jubeln, Unions-Innenpolitiker sind vergrätzt.
Ministerkollegen de Maizière, Maas: Überraschende Wende beim Doppelpass

Ministerkollegen de Maizière, Maas: Überraschende Wende beim Doppelpass

Foto: Wolfgang Kumm/ picture alliance / dpa

Berlin - Die vergangenen Wochen waren mit Blick auf die Migrationspolitik nicht die angenehmsten für SPD-Chef Sigmar Gabriel. Eingekeilt zwischen einem hartleibigen Koalitionspartner und mehreren rot-grün regierten Ländern musste sich Gabriel wiederholt rechtfertigen, wieso er ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD aufzugeben bereit sei: die Abschaffung der sogenannten Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht.

Die Optionspflicht trifft bislang alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern. Diese müssen sich spätestens bis zum 23. Lebensjahr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. In dieser Woche erhöhten zahlreiche Wohlfahrtsverbände noch einmal den Druck auf die SPD. In einem offenen Brief forderten sie erneut das Ende der Optionspflicht.

Nun kommt tatsächlich noch einmal Bewegung in die Sache, die eigentlich schon zuungunsten vieler junger Einwanderer entschieden war. Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Justizminister Heiko Maas (SPD) haben sich auf einen Gesetzentwurf zum Doppelpass geeinigt, über den sich vor allem die Sozialdemokraten freuen dürften.

Am Donnerstagmorgen wurden erste Details bekannt, als de Maizière (CDU) die Innenpolitiker der Union unterrichtete. Die waren erstaunt darüber, an wie vielen Stellen der ursprüngliche Gesetzentwurf aufgeweicht wurde. Die Optionspflicht bleibt demnach zwar bestehen. Sie wird aber weit weniger junge Menschen betreffen als bislang geplant.

Ursprünglich waren zwölf Jahre in Deutschland erforderlich

Im Koalitionsvertrag hatte es ursprünglich nur geheißen, die doppelte Staatsbürgerschaft könnten all jene behalten, die in Deutschland "aufgewachsen" sind. Der erste Gesetzesentwurf aus dem Hause de Maizières konkretisierte das dahingehend, dass Einwandererkinder bis zum 21. Lebensjahr mindestens zwölf Jahre in Deutschland gelebt haben müssen. Zudem hätten sie nachweisen müssen, dass sie einen Großteil der Pubertät hier verbracht haben. Schließlich war ein hier erfolgter Schulabschluss oder eine Berufsausbildung erforderlich, um Doppelstaatler bleiben zu dürfen.

In den Gesprächen mit Justizminister Maas gab de Maizière an entscheidenden Stellen nach. Im neuen Entwurf jedenfalls, auf den sich die beiden schon am Montag einigten, ist nun nur noch von acht Aufenthaltsjahren die Rede, die Pubertätsklausel ist entfallen. Als Nachweis reicht ein Eintrag im Melderegister, sollten die Ämter dem nicht trauen, sind sie in der Beweispflicht. Außerdem gelang es der SPD, eine Härtefallklausel in das Papier zu verhandeln: Demnach entfällt auch für jene Kinder die Optionspflicht, die eine besondere Beziehung zu Deutschland nachweisen können.

SPD-Minister Maas spricht von einer "guten Lösung", mit der "unnötige bürokratische Hürden" vermieden würden. "Es ist ein großer Erfolg, den die SPD am Ende der Koalitionsverhandlungen der Union abringen konnte." Auch SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann jubiliert: "Ich bin froh, dass die beiden Minister sich auf die Umkehr der Beweispflicht geeinigt haben." Das sei ein "richtiger Sprung nach vorn".

In Teilen der Union herrscht dagegen Frust. Der neue Text, kritisieren deren Innenpolitiker, biete viel zu viele Schlupflöcher für Einwandererkinder, die womöglich nur einen Bruchteil ihrer Jugend in Deutschland verbrächten. Tatsächlich sei das Gesetz jetzt erst das "bürokratische Monstrum", vor dem die SPD immer gewarnt habe.

Endgültig freilich ist auch dieser Entwurf noch nicht. Jetzt haben die Fraktionen das Sagen. Fest steht jedoch: Sollte es dabei bleiben, könnte SPD-Chef Gabriel einen weiteren Erfolg für die Sozialdemokraten verbuchen.