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Gewalt in Dresden Sprengstoffanschläge vor Moschee und Kongressgebäude

In Dresden sind vor einer Moschee und einem internationalen Kongressgebäude Sprengstoffanschläge verübt worden - die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Motiv aus.
Der rußgeschwärzte Eingang der Fatih-Moschee in Dresden

Der rußgeschwärzte Eingang der Fatih-Moschee in Dresden

Foto: Sebastian Kahnert/ dpa

Eine Woche vor den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden gab es in der sächsischen Landeshauptstadt zwei Sprengstoffanschläge. Eine Detonation ereignete sich am späten Montagabend nach Polizeiangaben vor einer Moschee, die andere vor dem Internationalen Congress Center (ICC). Dort findet am Montag der traditionelle Empfang des Bundespräsidenten zum Einheitstag statt. Verletzt wurde niemand.

"Auch wenn uns bislang kein Bekennerschreiben vorliegt, müssen wir von einem fremdenfeindlichen Motiv ausgehen", teilte die Polizei in Dresden am Dienstagmorgen mit. Die Beamten wurden am Montagabend um 21.53 Uhr und um 22.19 Uhr über die Detonationen informiert - sind aber selbst erst rund zehn Stunden später an die Öffentlichkeit gegangen. Ein Sprecher erklärte das am Dienstag mit den nötigen Ermittlungen.

Laut Polizei  befand sich zum Zeitpunkt der Detonation der Imam der Moschee mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in dem Haus. Durch die Druckwelle wurde demnach die Eingangstür nach innen gedrückt. Im Haus entstanden Verrußungen. Der 46-jährige Imam, Hamza Turan, berichtet von sechs Wasserflaschen, die am Tatort gefunden wurden - das schreibt die "Sächsische Zeitung" online.  Die Flaschen sollen der Aussage des Imams zufolge mit einem Kraftstoffgasgemisch gefüllt gewesen sein. "Die haben uns angegriffen, weil sie uns hassen, weil wir Muslime sind", zitiert die Zeitung den zehnjährige Sohn des Imams.

Moscheen in Dresden haben jetzt Polizeischutz

Nahe dem Internationalen Congress Center haben nach Polizeiangaben Ermittler später ebenfalls Reste eines selbst gebauten Sprengsatzes gefunden. Durch die Hitze der Detonation sei die Seite eines Glasquaders, der zur Terrasse gehört, zersplittert. Die Hotelbar musste demnach evakuiert werden.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verurteilte den "feigen Anschlag" auf die Moschee in Dresden "auf das Schärfste". "Dies ist nicht nur ein Anschlag auf die Religionsfreiheit und die Werte einer aufgeklärten Gesellschaft, sondern hier wurde auch bewusst der Tod von den in der Moschee lebenden Menschen in Kauf genommen", sagte er.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nannte die Anschläge "empörend" und beklagte zugleich eine zunehmende Aggressivität gegenüber Muslimen in Deutschland. Das wolle er nicht, sagte de Maizière laut "Tagesspiegel" beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen der Deutschen Islamkonferenz. "Wer Gotteshäuser anzündet, schreckt auch nicht davor zurück, Menschen zu töten", erklärte der religionspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck. Nun gehe es darum, solidarisch mit den in Deutschland lebenden Muslimen zu sein und die Religionsfreiheit zu verteidigen.

Polizei sieht Verbindung zu geplanten Einheitsfeierlichkeiten

In Dresden wurden noch in der Nacht Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz muslimischer Einrichtungen verstärkt: Ab sofort werden zwei Dresdner Moscheen von Polizisten bewacht. Das teilte die Polizei mit.

Die Polizei befinde sich ab sofort "im Krisenmodus", erklärte Dresdens Polizeipräsident Horst Kretschmar. In einem ersten Schritt sollen nun weitere Objekte hinsichtlich ihrer Gefährdung neu bewertet und gegebenenfalls weitere Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Insgesamt waren in der Nacht mehr als 50 Polizeibeamte im Einsatz, darunter die Tatortgruppe des Landeskriminalamts Sachsen, zivile Fahnder und Ermittler des operativen Abwehrzentrums der sächsischen Polizei. Die weiteren Ermittlungen übernahm das für extremistische Straftaten zuständige operative Abwehrzentrum.

Die Polizei in Dresden sieht im Zusammenhang mit den Anschlägen auch "eine Verbindung zu den Feierlichkeiten anlässlich des Tags der Deutschen Einheit", die am Samstag beginnen. Zur zentralen Einheitsfeier werden in Dresden Hunderttausende Besucher erwartet. Am 3. Oktober dann werden unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu den Feierlichkeiten in der Stadt erwartet. Im ICC lädt Gauck am Montag nach den offiziellen Feierlichkeiten zum traditionellen Bundespräsidenten-Empfang mit den Delegationen der Bundesländer und den Ehrengästen.

Eigentlich sollte der Einheitsfeiertag auch dazu dienen, das Image von Dresden und Sachsen aufzupolieren. "Wir wollen die Feierlichkeiten dazu nutzen, uns als modernes, weltoffenes und gastfreundliches Land zu präsentieren, und für unsere Besucher unvergessliche Momente schaffen", erklärte Sachsens Ministerpräsident Tillich noch am Montag.

anr/dpa/AFP

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