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Ex-Präsident Gauck über Olaf Scholz »Enorm wichtig, dass der Bundeskanzler kommuniziert, was seine Politik ist«

Ein Rat für Olaf Scholz, Kritik an Ex-Kanzlerin Angela Merkel: Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat sich zu Deutschlands Rolle in Europa geäußert. Unterstützung für die Ukraine sei nicht nur moralisch geboten.
Ex-Präsident Gauck: »Im nationalen Interesse, Angriffskriegen gegen Nachbarländer abwehrbereit gegenüberzustehen«

Ex-Präsident Gauck: »Im nationalen Interesse, Angriffskriegen gegen Nachbarländer abwehrbereit gegenüberzustehen«

Foto: Janine Schmitz / photothek / IMAGO

Wie sollte Deutschland unter den westlichen Partnern ein Jahr nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine auftreten? Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck mahnt Kanzler Olaf Scholz (SPD), eine deutlichere Führungsrolle anzunehmen.

»Es ist jetzt enorm wichtig, dass der Bundeskanzler kommuniziert, was seine Politik ist«, sagte Gauck der »Zeit«. Deutschland sei »ein Sicherheit suchendes Land, das über einen langen Zeitraum wohlstands- und friedensverwöhnt war«.

Fehler wurden laut Gauck bereits während seiner eigenen Amtszeit als Bundespräsident gemacht. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte gegenüber Russland anders auftreten sollen, sagte Gauck. Auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim hätte Merkel anders antworten können »als nur mit Sanktionen und einer erhöhten Abhängigkeit von russischem Gas«, so der Ex-Präsident.

Dafür, der Ukraine nach dem russischen Einmarsch beizustehen, gebe es nicht nur moralische Gründe, sagte Gauck: »Vielmehr ist es auch im nationalen Interesse, einer demokratiefeindlichen Ideologie und Angriffskriegen gegen Nachbarländer abwehrbereit gegenüberzustehen.« Deutschland müsse »den Verteidigungskampf der Ukraine massiv stärken«. Auf die Frage, ob dies mehr Panzer und auch Kampfflugzeuge bedeute, sagte er: »Ohne jede Frage müssen und werden wir mehr liefern!«

Unverständnis für Putin-Unterstützer im Osten

In einem Interview mit dem RTL-»Nachtjournal« äußerte sich Gauck bestürzt über die prorussische Haltung mancher Menschen in Ostdeutschland. »Das Rechtsaußendenken und das Linksaußendenken und die geprägten Seelen mancher Ostdeutscher, die führen dazu, dass es in diesem Bereich Deutschlands etwas mehr Verständnis und zum Teil ja sogar auch Unterstützung für Putin gibt, das ist ja besonders schlimm«, sagte er.

»Die Unterstützung und das Umhertragen von russischen Fahnen, um damit eine Aggressionsmacht zu huldigen, die das Lebensrecht anderer brutal negiert: Ich meine, geht’s noch?«, fügte Gauck hinzu. Die Haltung mancher ostdeutscher Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf Russland könne er zwar »sehr gut« verstehen, sagte der Ex-Bundespräsident. »Aber akzeptieren kann ich das nicht.«

fek/AFP