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Erdoğans überraschender Vorstoß Scholz will Nato-Mitgliedschaft Schwedens und EU-Beitritt der Türkei auseinanderhalten

Der türkische Präsident Erdoğan hat Schwedens Nato-Mitgliedschaft mit der Frage des türkischen EU-Beitritts verknüpft. Kanzler Scholz hält nichts von dem Vorschlag – und sieht Schweden für die Nato bereit.
Bundeskanzler Olaf Scholz: »Nicht als ein zusammenhängendes Thema verstehen«

Bundeskanzler Olaf Scholz: »Nicht als ein zusammenhängendes Thema verstehen«

Foto: FABRIZIO BENSCH / REUTERS

Die Türkei stimmt dafür, Schweden in die Nato aufzunehmen – und im Gegenzug öffnet die EU den Weg für einen Beitritt der Türkei: Mit diesem Vorschlag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Litauen überrascht. Die Verknüpfung der beiden Fragen stößt allerdings beim deutschen Regierungschef auf wenig Anklang. Beide Fragen würden nicht miteinander zusammenhängen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). »Deshalb, finde ich, sollte man das nicht als ein zusammenhängendes Thema verstehen.«

Scholz bekräftigte, dass Schweden alle Voraussetzungen für einen Nato-Beitritt erfülle. »Ich hoffe, dass es uns bald gelingt, dass Schweden Nato-Mitglied werden kann.« Damit ein Land in die Nato aufgenommen werden kann, bedarf es der Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

Erdoğan hatte zuvor eine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato überraschend von der Wiederbelebung der vor Jahren auf Eis gelegten Beitrittsgespräche der Türkei zur EU abhängig gemacht. Erdoğan sagte an die EU-Länder gerichtet: »Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäische Union, danach ebnen wir den Weg für Schweden, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.«

Im Zuge des Gipfeltreffens soll Erdoğan am späten Nachmittag den schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zu Gesprächen über den schwedischen Nato-Beitrittswunsch treffen.

Die Türkei blockiert seit Monaten die Aufnahme Schwedens in die Militärallianz. Ankara kritisiert, dass der schwedische Sicherheitsapparat antimuslimische Vorfälle nicht verhindere. Kürzlich war in Schweden während einer Demonstration erneut ein Koran verbrannt worden, was in der muslimischen Welt für Empörung sorgte. Auch stört sich Erdoğan daran, dass Schweden PKK-Anhängern und kurdischen Aktivisten Unterschlupf gewähre, die PKK gilt in der Türkei als Terrorgruppe.

Schleppende Aufnahme

Schweden will seit dem russischen Überfall auf die Ukraine Teil der Nato werden. Erst vergangenen Monat hatte das Oberste Gericht in Stockholm die erste Auslieferung eines PKK-Anhängers an die Türkei genehmigt.

In der Nato ist die schleppende Aufnahme Schwedens seit Längerem ein Streitpunkt. Zuletzt hatte sich US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat mit Erdoğan um Schlichtung bemüht. Biden stellt eine Lieferung von US-Kampfjets vom Typ F-16 an die Türkei in Aussicht und hofft im Gegenzug auf eine Einkehr. Erdoğan hingegen will das Thema F-16 nicht mit dem Nato-Beitritt Schwedens verknüpfen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuletzt wiederholt die Hoffnung geäußert, Schweden in Vilnius als 32. Mitgliedstaat des transatlantischen Bündnisses begrüßen zu können. Am Morgen sagte er, es bestünde noch »Hoffnung«, eine Einigung bis zum morgigen Gipfel hinzubekommen. Noch am Montag soll es einen letzten Vermittlungsversuch geben.

muk/dpa