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»Einfrieren« des Krieges Mützenich will nicht von umstrittenen Aussagen abrücken

Für seine Aussage, man müsse über ein Einfrieren des Ukrainekriegs reden, geriet SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in die Kritik. Nun verteidigt er seine Äußerungen und erhält Unterstützung von der Parteiführung.
SPD-Fraktionschef Mützenich: »Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt«

SPD-Fraktionschef Mützenich: »Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt«

Foto: Hannes P Albert / dpa

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bleibt trotz heftiger Kritik bei seiner Forderung, auch über ein »Einfrieren« des Ukrainekriegs zu reden. Auf die Frage, ob er seine Aussagen korrigieren wolle, sagte Mützenich der »Neuen Westfälischen«: »Nein, das möchte ich nicht.«

Zugleich präzisierte Mützenich, was »Einfrieren« nach seiner Vorstellung konkret bedeuten solle. »Ich bin in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet. Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.« Das benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien, was man nicht von außen diktieren könne.

Mützenich fordert stärkere Einbindung Chinas

Auf Russland einwirken könne nach Ansicht Mützenichs vor allem China. »Wir müssen China davon überzeugen, dass die Volksrepublik ein existenzielles und wirtschaftliches Interesse hat, stärker im von Russland zu verantwortenden Krieg diplomatisch aktiv zu werden.«

China habe wahrscheinlich noch einen gewissen Einfluss auf Russland. »Diese Debatten muss die Politik doch führen, anstatt darüber zu reden, wo die Schrauben beim Taurus sitzen. Die Optionen, wie ein militärischer Konflikt beendet werden kann, die werden am Ende politische sein.«

Anlass der Debatte waren Äußerungen Mützenichs bei einer Bundestagsdebatte in der vorherigen Woche gewesen. »Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?«, hatte Mützenich gefragt. Politiker der Koalitionspartner FDP und Grüne kritisierten dies scharf, SPD-Chef Lars Klingbeil und Bundeskanzler Olaf Scholz hatten Mützenich jedoch bereits früh in Schutz genommen. 

Die SPD befindet sich angesichts desolater Umfragewerte vor der Europawahl, den Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern und den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg in einer schwierigen Lage. Das Nein von Kanzler Scholz zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine und die Aussagen Mützenichs dürften daher auch taktisch motiviert sein – mit Blick auf die Wahlkämpfe.

Widerworte gab es dagegen zuletzt von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). »Es würde am Ende nur Putin helfen«, sagte Pistorius am Montag bei einem Besuch in Warschau. Am Dienstag erklärte Pistorius im Deutschlandfunk vor einer neuen Abstimmungsrunde der Ukraine-Unterstützer in Ramstein, das Wort einfrieren signalisiere, man könne »einen solchen Krieg einfach so einfrieren und dann hoffen, dass es besser wird.« Tatsächlich handele es sich aber nicht um einen beidseitigen Konflikt, so Pistorius mit Blick auf Russlands Invasion.

»Mützenich weiß genau, dass Wladimir Putin überhaupt nicht bereit ist zu verhandeln«

Rückendeckung erhielt Mützenich indes von Co-Parteichefin Saskia Esken. In der Partei herrsche ganz klare Einigkeit darüber, dass der völkerrechtswidrige und brutale Krieg Putins gegen die Ukraine gestoppt werden müsse, sagte Esken den Sendern RTL/ntv. Auch müssten die Waffenlieferungen an die Ukraine weitergehen und die Ukraine unterstützt werden.

SPD-Parteichefin Esken: »Rolf Mützenich weiß ganz genau, dass Wladimir Putin derzeit überhaupt nicht bereit ist zu verhandeln«

SPD-Parteichefin Esken: »Rolf Mützenich weiß ganz genau, dass Wladimir Putin derzeit überhaupt nicht bereit ist zu verhandeln«

Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Esken interpretierte die Aussagen dahin gehend, dass Mützenich sich dafür ausgesprochen habe, dass auch die Stimme der Diplomatie immer gehört werden müsse. »Es gibt einfach den Zweiklang sowohl der Diplomatie als auch der militärischen Antwort, der immer auch in so einer Situation der Richtige ist«, sagte Esken. »Gleichzeitig wissen wir aber auch und auch Rolf Mützenich weiß ganz genau, dass Wladimir Putin derzeit überhaupt nicht bereit ist zu verhandeln.«

Unstrittig in der SPD sei, »dass wir uns Frieden wünschen«, so Esken. Gleichzeitig müssten sie natürlich sehen, dass Putin keine Bereitschaft zu Verhandlungen erkennen lasse. Und deswegen sei auch ganz klar jetzt nicht der Moment, über diese Dinge nachzudenken.

fek/dpa