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Super-Chaos Kritiker verreißen laschen E10-Kompromiss

Der Benzingipfel ist gelaufen, die Kritik am E10-Chaos tobt weiter. Verbraucherschützer sehen die Konsumenten verschaukelt, wollen Autobauer in die Pflicht nehmen - der ADAC fordert eine Preissenkung auf Super Plus. Grollen gibt es selbst bei Politikern von Union und FDP.
Tanken mit Biosprit: Tiefe Verunsicherung bei den Verbrauchern

Tanken mit Biosprit: Tiefe Verunsicherung bei den Verbrauchern

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Berlin - Die Bundesregierung beharrt auf Biosprit: Am Dienstag verständigte sie sich mit Vertretern der Wirtschaft und Verbraucherverbänden darauf, an der Einführung von E10 festzuhalten. Doch das Ergebnis des hektisch einberufenen Benzingipfels besänftigt nicht die Kritiker des umstrittenen Agrartreibstoffs. Der Ausgang des Treffens sei enttäuschend, sagte der Chef des Verbraucherzentralen-Bundesverbands, Gerd Billen, der "Bild"-Zeitung am Mittwoch. Nötig sei eine Garantieerklärung der Hersteller für jeden Wagen. Diese könne jedem Autofahrer über das Kraftfahrtbundesamt individuell zugeleitet werden.

Das Resultat des Gipfels sei eine "Missachtung der Verbraucher", sagte Billen den "Ruhr Nachrichten". Es habe vor allem "gegenseitige Schuldzuweisungen" gegeben. Eine Garantie der Hersteller gegenüber ihren Kunden gibt sei vor allem daran gescheitert, dass die versammelten Industrievertreter keine Zusage über die Übernahme der Kosten gemacht hätten.

Die Tankstellen haben derzeit massive Absatzprobleme bei E10, stattdessen tanken die Autofahrer teureres Super Plus. Knapp zehn Prozent der Autos vertragen den neuen Sprit nicht. An Tankstellen und Werkstätten sollen nun aber Listen ausgelegt werden, aus denen hervorgeht, für welche Fahrzeuge der Kraftstoff E10 geeignet ist.

"Peinlicher Gipfel"

Nach Informationen der "Bild" gibt es aber selbst in den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP Unmut über den Verlauf des Benzingipfels. Nähre Angaben machte die Zeitung dazu nicht. Der Grünen-Verkehrsexperte und Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann sprach in der "Bild" von einem "peinlichen Gipfel". Es wäre besser gewesen, die Halter von Fahrzeugen direkt anzuschreiben und zu informieren, ob ihr Wagen E10-tauglich sei. Hermann kritisierte zudem, dass der Regierung ein "schlüssiges Gesamtkonzept" fehle.

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte die Einführung des E10-Benzins scharf. "Es ist überstürzt, überzogen und nicht ausreichend vorbereitet gehandelt worden", sagte Hundt dem "Flensburger Tageblatt". Er verwies darauf, dass die EU für die Einführung des umstrittenen Biosprits längere Zeit geplant habe als die Bundesregierung. Zugleich äußerte Hundt "energiepolitische Zweifel" an der Einführung des E10-Benzins. Die Bundesregierung erwecke den Eindruck eines "übereifrigen Musterschülers". "Eine solche forsche Gangart wünschte ich mir eher für andere Vorhaben", sagte

"Faire Preise für Super"

Der Automobil-Club ADAC forderte deutliche Preissenkungen für herkömmliches Super E5. ADAC-Sprecher Maximilian Maurer sagte der "Bild": "Wir fordern ein flächendeckendes Angebot von Super E5 mit 95 Oktan zu fairen Preisen für diejenigen Autofahrer, die E10 nicht tanken dürfen." Acht Cent Preisunterschied pro Liter seien unannehmbar.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) machte am Mittwoch noch einmal deutlich, sie werde an Sanktionen gegen die Benzinhersteller festhalten, wenn die Biokraftstoffquote nicht eingehalten wird. "Wir dürfen den Druck nicht aus dem Markt nehmen", sagte Aigner der "Passauer Neuen Presse". Gleichzeitig warnte sie die Mineralölfirmen davor, eventuelle Strafzahlungen den Autofahrern aufzubürden. "Es kann nicht sein, dass die Verbraucher am Ende die Zeche zahlen."

Jetzt komme es darauf an, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, fügte die Ministerin hinzu. "Die Industrie hat beim Gipfel noch einmal klar und deutlich zugesichert, dass sich die Verbraucher auf die Angaben zur E10-Verträglichkeit verlassen können. Dieses Wort gilt", sagte die CSU-Politikerin.

E10 hat einen Anteil von bis zu 10 Prozent Bioethanol. Die Mineralölwirtschaft ist verpflichtet, dieses Jahr 6,25 Prozent an Biosprit mit dem herkömmlichen Treibstoff zu verkaufen. Die Motoren von knapp zehn Prozent der Autos auf deutschen Straßen verträgt die Sorte allerdings nicht. Aus Verunsicherung tanken aber sehr viele Autofahrer E10 nicht, während der übrige Super-Kraftstoff knapp wird.

amz/Reuters/dapd/dpa