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Mögliche Vergeltungsschläge gegen Assad Trump-Vertraute drängen auf deutsche Beteiligung in Syrien

Die USA haben für den Fall von neuen Chemiegas-Attacken in Syrien eine deutsche Beteiligung an Vergeltungsschlägen eingefordert. Doch vor allem in der SPD stoßen diese Avancen auf große Skepsis.
Idlib-Provinz in Syrien

Idlib-Provinz in Syrien

Foto: ANAS AL-DYAB/ AFP

Die US-Regierung hat Deutschland in den vergangenen Wochen zur Beteiligung an möglichen Militärschlägen in Syrien aufgefordert. In hochrangigen Gesprächen im Kanzleramt und im Außen- und Verteidigungsministerium legten Gesandte von Präsident Donald Trump der Bundesregierung nahe, die Bundeswehr solle sich im Fall eines erneuten Giftgaseinsatzes durch das Regime von Baschar al-Assad an militärischen Vergeltungsmaßnahmen der USA beteiligen.

Auch in anderen europäischen Hauptstädten fragten die USA in der gleichen Causa nach. In Berlin hieß es, die Amerikaner hätten klargemacht, dass sie in den kommenden Wochen mit weiteren Giftgaseinsätzen von Assad rund um die letzte Rebellenhochburg Idlib rechneten. Für diesen Fall plane man bereits Vergeltungsschläge gegen Militäreinrichtungen von Assad. Ähnliche Attacken hatte Präsident Trump bereits im April angeordnet, damals beteiligten sich nur Frankreich und Großbritannien an den gezielten Schlägen.

Am Montag hatte die "Bild"-Zeitung über die bis dahin geheimen Gespräche berichtet , die zum Teil vom US-Botschafter und engen Trump-Vertrauten Richard Grenell geführt wurden. Detailreich schrieb das Blatt, im Ministerium von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen würden bereits mögliche Beiträge der Bundeswehr geplant. Über der Schlagzeile "Regierung plant Tornado-Einsatz gegen Assad" ist auch gleich eins der mattgrauen deutschen Kampfflugzeuge abgebildet.

Richard Grenell

Richard Grenell

Foto: STRINGER / REUTERS

Zumindest die Gespräche wurden unter Eingeweihten bestätigt. Demnach seien Grenell und andere Gesandte aus Washington schon seit einigen Wochen mit solchen Forderungen in Berlin unterwegs. Der Botschafter war dabei recht forsch. "Uns wurde klargemacht, dass die USA uns öffentlich bloßstellen würden, wenn wir nicht mitmachen", so ein hochrangiger Beamter. Im April hatte die Regierung noch erklärt, man sei von den USA gar nicht erst nach einer Beteiligung gefragt worden.

Viele Einschränkungen für eine Beteiligung

Die Zusage aber bekam Grenell nicht. Zwar signalisierten ihm seine deutschen Gesprächspartner, grundsätzlich sei eine deutsche Beteiligung denkbar. Dann aber kamen viele Einschränkungen. Zum einen müssten für den Einsatz der Bundeswehr klare Beweise vorliegen, dass Assad tatsächlich Giftgas eingesetzt hat. Daneben erklärte man dem US-Gast, das Parlament oder aber zumindest eine eilig zusammengerufene Runde der Fraktionsspitzen müsste einer solchen Mission auf jeden Fall zustimmen.

Für die Amerikaner kam das wohl einem Nein gleich. Denn eine Beweissicherung, zum Beispiel durch die Chemiewaffenkontrolleure von der OPCW, dauert - wenn die Experten überhaupt ins Kampfgebiet kommen. Ein Mandat des Bundestags würde weitere Wochen auf sich warten lassen, ein schneller Vergeltungsschlag wie im April wäre damit ausgeschlossen. Folglich glauben manche im Regierungsviertel, dass Grenell die heikle Causa nun aus Frust über das deutsche Zögern selbst an die "Bild" durchstach.

Ob sich die USA einen Gefallen getan haben, bleibt offen. Tatsächlich hatte sich die Bundesregierung im April ziemlich darüber geärgert, dass man gar nicht erst gefragt worden war. Zwar gelten Militärmissionen grundsätzlich als schwer verkäuflich. Weltpolitisch im Abseits stehen aber will Berlin nur ungern - zumal die ganze Regierung nur zu gern davon redet, man wollte weltweit mehr Verantwortung übernehmen.

Folglich war man in den vergangenen Wochen sehr viel offener als noch im Frühjahr 2018. Damals schon hatten die Militärs durchgespielt, wie sich die Bundeswehr im Fall des Falls beteiligen könnte.

Den USA geht es ums politische Symbol

Die Liste ist recht lang. So verfügt die Luftwaffe über Marschflugkörper vom Typ "Taurus", baugleiche Modelle hatten die Briten im April für die Vergeltungsschläge eingesetzt. Wie die Amerikaner und die Franzosen drang auch die Royal Air Force damals nicht in den syrischen Luftraum ein, der durch eine moderne russische Luftabwehr gut gesichert ist. Folglich wäre auch eine deutsche Beteiligung durch mit Raketen ausgerüstete "Tornado"-Jets so gut wie ohne Risiko für die eingesetzten Soldaten gewesen.

Deutscher "Tornado" (Archivbild)

Deutscher "Tornado" (Archivbild)

Foto: Harald Tittel/ dpa

Die Marschflugkörper sind nicht die einzige Unterstützung, die Berlin hätte anbieten können. So war auch von Luftbetankung für Kampfjets die Rede, eine Absicherung von US-Kampfschiffen durch deutschen Geleitschutz wäre ebenso denkbar. Das hört sich zwar harmlos an. Den USA aber geht es bei ihren Forderungen ohnehin eher um die politische Symbolkraft. Sie wollen mit vielen Partnern demonstrieren, dass sie nicht allein agieren. Präzisionswaffen haben sie schließlich selbst ausreichend in den Lagern.

Nach dem "Bild"-Bericht aber hat sich eine deutsche Beteiligung so gut wie erledigt. Reflexartig schloss SPD-Parteichefin Andrea Nahles eine deutsche Mission kategorisch aus. Auch Außenminister Heiko Maas zeigte sich äußerst skeptisch. Aus der Union indes kamen ruhigere Töne. Mehrere Politiker forderten, man müsse die Entwicklung in Syrien der nächsten Tage abwarten und könne dann erst entscheiden, wie sich Deutschland verhalten werde. Nach dem klaren Veto von Nahles wird es dazu wohl nicht mehr kommen.