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Hendrik Buchheister

Rucksack-Affäre Letzte Chance für HSV-Sportdirektor Knäbel

Der Hamburger SV stellt sich in der Rucksack-Affäre hinter Peter Knäbel. Das ist richtig. Einen weiteren Fehltritt darf sich der Sportdirektor aber nicht leisten.
HSV-Sportchef Knäbel (Archiv): Image nicht noch weiter ramponieren

HSV-Sportchef Knäbel (Archiv): Image nicht noch weiter ramponieren

Foto: Daniel Bockwoldt/ dpa

Die Saison hat noch nicht einmal begonnen, da muss der Hamburger SV schon wieder den Gemeinsinn beschwören. "Wir stehen alle eng zusammen", sagt Trainer Bruno Labbadia über die sogenannte Rucksack-Affäre, mit der Sportdirektor Peter Knäbel dem Immer-noch-Bundesligisten die nächste Peinlichkeit eingebrockt hat.

Zusammenstehen, mit dieser Strategie haben die Hamburger in der abgelaufenen Spielzeit den kaum für möglich gehaltenen Klassenerhalt geschafft, und so wollen sie auch die merkwürdige Geschichte um die internen Dokumente durchstehen, die dem Sportchef abhandengekommen waren, und dank derer der Klub in der Hohn-und-Spott-Rangliste schon vor dem ersten Spieltag uneinholbar in Führung liegt.

In Kombination mit dem Pokal-Aus bei einem Viertligisten ist beim HSV-Anhang in Rekordzeit das Gefühl zurückgekehrt, dass es schon wieder so losgeht wie in der vergangenen Saison. Dass die Hamburger Chaostage auch in der neuen Spielzeit weitergehen.

Dabei ist es richtig, dass der Verein an Knäbel festhält, dass er sich schützend vor ihn stellt. Denn der Sportchef leistet in der noch bis Ende des Monats dauernden Transferperiode gute Arbeit. Überflüssige Spieler wie Jacques Zoua und Valon Behrami ist er losgeworden, zum Teil sogar gegen Geld. Abwehrtalent Jonathan Tah hat Knäbel deutlich über Marktwert nach Leverkusen verkauft. Zugänge wie Emir Spahic, Albin Ekdal, Sven Schipplock und Michael Gregoritsch sind sinnvoll. Die Sommerpause verlief auch Dank Knäbels Arbeit weitgehend beschwerdefrei.

Auch dank Knäbel sah es aus, als würde der Klub zur Ruhe kommen nach zwei Fast-Abstiegen. Deshalb ist gut nachvollziehbar, dass der Verein das Missgeschick des Sportchefs so unaufgeregt wie möglich abmoderieren will, anstatt ihn öffentlich zu maßregeln oder gleich aus dem Volkspark zu verbannen.

Einen weiteren Fehltritt darf sich Knäbel aber nicht leisten. Er fällt ja nicht zum ersten Mal negativ auf: In der vergangenen Saison hatte er das Chaos in der Trainerfrage mitzuverantworten, er gelangt sogar zu der fatalen Einschätzung, den Job selbst ausüben zu können. Nach zwei Niederlagen in zwei Spielen und verheerenden öffentlichen Auftritten inklusive der Demontage von Abwehrspieler Cléber nach dessen Fehler gegen Wolfsburg ("So dämlich, so überflüssig!") war das Experiment gescheitert. Geschadet hatte es am meisten Knäbel selbst.

Der Hamburger SV will den Neuaufbau schaffen, will nicht ständig das Führungspersonal austauschen. Auch deshalb ist verständlich, dass der Klub an Knäbel festhält. Doch die Hamburger müssen aufpassen, dass sie sich ihr Image nicht noch weiter ramponieren lassen durch die Unachtsamkeiten ihres Sportchefs.

Der Verein darf die Treue zu Knäbel und den Glauben daran, dass er der richtige Mann auf der richtigen Position ist, nicht über das eigene Interesse stellen, zu einem seriösen Bundesliga-Betrieb zu werden. Bei einem weiteren Aussetzer wäre Knäbel nicht mehr tragbar. Dann würde es aussehen, als könne beim Hamburger SV jeder machen, was er will - und genau diese Zeiten sollen ja vorbei sein.